Alejandra Pizarnik

In einem Anfang war die Liebe Gewalt

Tagebücher
Cover: In einem Anfang war die Liebe Gewalt
Ammann Verlag, Zürich 2007
ISBN 9783250104841
Gebunden, 504 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Aus dem argentinischen Spanisch von Klaus Laabs. Alejandra Pizarnik, junges Ausnahmetalent und Enfant terrible der literarischen Szene von Buenos Aires in den 50er und 60er Jahren, gilt heute als die bedeutendste jüdische Dichterin der Kontinente übergreifenden spanischen Sprache der klassischen Moderne und ist sicherlich eine der eindrucksvollsten lyrischen Stimmen Lateinamerikas. Ihre künstlerischen Notate von 1955-1971 sind das eindrucksvolle Dokument einer rundum katastrophischen Existenz, deren unerbittliches Ringen um die Sprache nur im rauschhaften Nachtleben oder in der bedingungslosen Hingabe an ein verstehendes Gegenüber, gleich welchen Geschlechts, zu stillen war.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.11.2007

Sehr gelegen kommt Florian Borchmeyer dieses Buch. Der Entdeckung Alejandra Pizarniks als einer außergewöhnlichen lyrischen Begabung, findet er, steht die Entdeckung dieser Tagebücher als "eigenständiger literarischer Kreation" nicht nach. Dabei macht es sich die Autorin nicht leicht, wie Borchmeyer respektvoll erklärt. Statt etwa das Lokalkolorit von Sartres Paris für sich sprechen zu lassen, schreibt die Autorin weltabgekehrt die "Chronik einer künstlerischen Obsession", in die Außenwelt nur "wie ferne Schatten" dringt. Das dabei gehaltene sprachliche Niveau lässt Borchmeyer gar den Vergleich zu Baudelaires "Mein entblößtes Herz" ziehen.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 30.06.2007

Beeindruckt zeigt sich Rezensent Manuel Karasek von den nun auf Deutsch vorliegenden Tagebücher der argentinischen Schriftstellerin Alejandra Pizarnik. Seine anfängliche von einigen ihn pathetisch anmutenden Einträgen herrührende Skepsis verhehlt er nicht. Zunehmend aber haben ihn die oft düsteren, skizzenhaften Notate über Lebensangst, Schreibhemmungen, Selbstzerstörung und Todeswünsche gefesselt, auch wenn man über die äußeren Stationen ihres Lebens nicht wirklich viel erfährt. Karasek fühlt sich bei der Lektüre der genauen Beobachtungen ihrer Angst und Lebensverweigerung gelegentlich an Kafkas Tagebücher und Pessoas "Buch der Unruhe" erinnert. Bewundernd äußert er sich über die Konsequenz, mit der die Autorin ihre inneren Leidenschaften schildert. Schilderungen, die für ihn überraschenderweise wiederum von einer großen Leichtigkeit sind. Mehr noch als das Unternehmen, ihre inneren Widersprüche und die Widersprüche der Zeit zu formulieren, hat Karasek ihr Versuch fasziniert, eine eigene Sprache zu erschaffen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.05.2007

Rezensent Leopold Federmair begrüßt die Herausgabe dieser Tagebücher mit Emphase, auch wenn er an der Edition selbst einiges zu bemängeln hat. Insgesamt aber empfindet er die Einblicke, die ihm diese Aufzeichnungen in das "Werden poetischer Sprache vor dem Horizont ihrer eigenen Unmöglichkeit" gewähren, als bedeutende Ergänzung zum Werk dieser großen Dichterin. Deren "Kampf mit der Sprache" durchziehe diese Tagebücher motivisch wie "Obsessionen". Doch stellen diese Tagebücher aus Sicht des Rezensenten nicht nur ein "beachtliches literarisches Werk" dar, sie sind für ihn auch das "erschütternde Dokument" eines Lebens "zwischen Lebenslust und Todessehnsucht, zwischen Luzidität und Wahn". Kritik gilt der Übersetzung, der Federmair insbesondere "Unsicherheit bei Argentinismen" bescheinigt. Besonders bemängelt der Rezensent die deutlichen, aber nirgends editorisch begründeten Schwärzungen und Kürzungen der Tagebücher, die sich Federmair zufolge fast ausschließlich auf die Promiskuität der Dichterin bezögen. Doch beziehe die Dichtung Alejandra Pizarniks ihre dunkle Schönheit nicht nur aus der Angst, sondern auch aus der Lebensgier, deren ureigenster Ort für den Rezensenten Sinnlichkeit und Sexualität Pizarniks sind. Hier vermisst Feldmair klare Ausssagen der Herausgeber zu Editionswünschen der Dichterin und ihrer Erfüllung durch die Erben.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 09.05.2007

Nach der Ausgabe sämtlicher zu Lebzeiten erschienenen Gedichtbände von Alejandra Pizarnik publiziert der Amman Verlag nun fünf Jahre später auch die Tagebücher der argentinischen Lyrikerin, teilt Jan Wagner mit. Er begrüßt dies mit Freude, weil er sich über die Tagebuchnotizen auch Aufschluss über das lyrische Werk verspricht. Erschüttert hat ihn, wie prominent in den Eintragungen der Todeswunsch Pizarniks ist, die sich dann auch 1972 36-jährig das Leben nahm, wie der Rezensent beklommen berichtet. Daneben finden sich aber auch sehr komische Bemerkungen von großem Scharfsinn und "hinreißende Sentenzen", wie der Vergleich von Rimbaud mit zeitgenössischen Dichtern, so der Rezensent begeistert. Einzig zu bedauern hat er an dieser Ausgabe, dass eine Chronik fehlt, die über die Lebensstationen der Lyrikerin Auskunft geben könnte. Insgesamt aber zeigt er sich von der Lektüre sehr beeindruckt und sie bringt ihm, wie er betont, erschütternd und eindrücklich eine außergewöhnliche Persönlichkeit näher.