Andras Forgach

Akte geschlossen

Meine Mutter, die Spionin
Cover: Akte geschlossen
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2019
ISBN 9783103972726
Gebunden, 352 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Ungarischen von Terezia Mora. Nach dem Tod der Mutter erhält András Forgách Akten vom Geheimdienst, die sein Leben auf den Kopf stellen. Er hing zärtlich an seiner Mutter und hatte ihre Lebensgeschichte rekonstruiert: eine ungarische Jüdin, die aus Tel Aviv nach Budapest zurückkehrte, weil sie Lenin über alles liebte und dem Werben eines Journalisten erlag. Sie lebten in London, Paris, in Budapest. Stets war sie der Mittelpunkt des turbulenten Freundeskreises, der Anker der Familie. Und doch hatte sie alle, sogar die Söhne, bespitzelt und verraten. So steht es in den Akten. Wohin jetzt mit der Liebe, wo nichts im Leben mehr stimmt?

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.10.2019

Hans-Peter Kunisch bemerkt, dass András Forgách auf formale Geschlossenheit pfeift. Dennoch kann der Autor die Spitzelgeschichte seiner Eltern, die beide für den ungarischen Nachrichtendienst arbeiteten, laut Kunisch überzeugend entlang der "Schnittstellen von Privatem und Politischem" erzählen. Drei Teile macht Kunisch aus: Im ersten berichtet Forgach aufgrund von Akten und eigenen fiktionalen Ergänzungen, im zweiten erzählt er lyrisch von Vater und Mutter und von der im Rückblick veränderten Wahrheit, im dritten schreibt er autobiografisch über seine Entdeckung der beiden Spitzelbiografien. Brillant findet Kunisch das Spiel mit Erfindung und Realien bei Forgach. Terezia Moras Übersetzung erscheint ihm stilsicher.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.04.2019

Rezensentin Sigrid Löffler stellt Neuerscheinungen vor, die der ohnehin schon verwickelten Mutter-Sohn-Beziehung eine weitere Dimension hinzufügen: die Abgründigkeit einer spionierenden Mutter. Der ungarische Autor András Gorgách erzählt in "Akte geschlossen", wie er eines Tages durch einen Anruf erfuhr, dass seine bewunderte, unkonventionelle Mutter für den ungarischen Geheimdienst gespitzelt hatte, ihn selbst ausspioniert und damit beispiellos verraten, berichtet Löffler. Wie der Autor die Geschichte seiner Mutter rekonstruiert, wie er versucht, seiner Mutter gerecht zu werden, die sich stets als Kommunistin zu jüdisch und als Jüdin zu kommunistisch fühlte, ringt der Rezensentin größtes Respekt ab. Vergleichbar erschütternd erscheint ihr nur die Familiengeschichte des großen Peter Esterhazy.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 27.03.2019

Rezensentin Julia Schröder wünscht dem Buch von Andras Forgach viele Leser. Das Leben- und Zeitpanorama, das der Autor anhand seiner Familiengeschichte zeichnet, findet sie beeindruckend, schon, weil es dem Autor gelingt, die Geschichte seiner Eltern, die aus Palästina nach Ungarn kamen, für den ungarischen Geheimdienst spitzelten und den eigenen Künstler-Sohn als IM empfahlen, mit "radikaler Zuwendung" und großer Komik zu erzählen. Die eingeflochtenen trockenen Zitate aus den Geheimdienstakten liest Schröder als konterkarierenden Kommentar zu Forgachs "grimmig-komischer" Erzählung über Verrat und Heimat. In der insgesamt respektablen Übersetzung von Terezia Mora entdeckt die Rezensentin einige "grobe" Flüchtigkeitsfehler.