Annie Saumont

Seife aus Paris

Novellen
Cover: Seife aus Paris
Edition Ebersbach, Berlin 2003
ISBN 9783934703551
Gebunden, 166 Seiten, 19,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer. Die Novellen Annie Saumonts bergen Dramen des Alltags. Plötzlich ist das Leben aus den Fugen geraten. Es herrscht unterschwellige Gewalt und heftige, fast verzweifelte Zärtlichkeit. Heimliche Liebe, heimlicher Hass, Angst oder Sehnsucht treiben die Protagonisten an, bis sie plötzlich vor einem Abgrund stehen. Da schließlich lockt der Verrat: Was tun, wenn einem in Gegenwart eines Offiziers der deutschen Wehrmacht einfällt, dass Henriette, die jeden Tag mit perfider Hingabe die Gänse stopft, gar nicht Henriette heißt, sondern eigentlich Sarah? Was tun, wenn während zwei Minuten Aufenthalt das eigene Leben zerbricht, warum nicht in zwei Minuten Aufenthalt auch das der anderen zerstören? Oder aber man verschließt vor der unerträglichen Wahrheit ganz einfach die Augen...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.07.2003

Oliver Jungen rühmt Annie Saumont als die "Meisterin der Konzentration", denn ihre Novellen sind "sorgfältig komponiert" und geradlinig und nehmen oft ein jähes Ende. Er reiht die Autorin literaturgeschichtlich in die Tradition des "Nouveau Roman" ein und findet, dass die vielfach Ausgezeichnete reichlich spät ins Deutsche übersetzt wurde. Den Horizont der Novellen, deren "hervorragende" Titelgeschichte "Seife aus Paris" ist, bildet der zweite Weltkrieg mit Deportation, Kollaboration und Resignation, berichtet Jungen. Ganz harmlos und "leise" kommen diese Erzählungen daher, raunt der Rezensent, bevor sie die Gewalt ihrer "tödlichen Verstrickung" entfalten. Auch der Rezensent verheddert sich dabei ein wenig in seinen Metaphern: "Auch Nebenarme gibt es", schreibt Jungen etwa, "die sich schützend oder würgend um Nebenhälse legen". In diesem Sinne hat Jungen auch Saumonts zentrale Motive identifiziert: "Schuld ohne Ursprung", Verrat, Gesetzesbruch, unerlaubte Liebe - aber auch die "Zärtlichkeit des Moments".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.07.2003

In Frankreich ist Annie Saumont eine Art ewiger "Geheimtipp", schreibt Rezensent Thomas Laux und vermutet, dass sich diese Randstellung sowohl dem noch weitgehend unterschätzten Genre der Erzählung verdankt als auch Saumonts ganz eigenem Stil. In der Tat, so der Rezensent, zeichnen sich Saumonts "überwiegend krude Geschichten", von denen zum ersten Mal eine Auswahl im Deutschen erscheint, durch eine äußerst knappe und lakonische Sprache aus. Ihre Figuren, so der Rezensent, beenden ihre Sätze auf halber Strecke, und diese stehen dann "punkt- und kommalos" im Raum. Diese Lakonik, die psychologische Leerstellen in den Figuren lasse, werfe somit ein "krasses Licht auf spezifische Merkmale, auf Risse und Verwerfungen". Zumeist sind die Geschichten in einer "schmucklosen sozialen Realität" angesiedelt, die wie der Rezensent findet, bestens geeignet sind für "Traumabbildungen jeglicher Art". Alleinerziehende Mütter, in Zügen verlassene Kinder, sich rächende Ehefrauen, bei all diesen "personifizierten Einsamkeiten" könne es einem vorkommen, als sei eine grausame "Kälte" am Werk, doch für den eingenommenen Rezensenten postiert sich Saumont abseits der "großen Gefühle" und lässt ihre Figuren "kryptische Signale an eine Welt der Gleichgültigkeit" senden.