Antonio Lobo Antunes

Leben, auf Papier beschrieben

Briefe aus dem Krieg
Cover: Leben, auf Papier beschrieben
Luchterhand Literaturverlag, München 2007
ISBN 9783630872520
Gebunden, 528 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Portugiesischen von Maralde Meyer-Minnemann. Fast täglich hat Antonio Lobo Antunes seiner Frau geschrieben, als er in den siebziger Jahren in Angola stationiert war. Mit der Veröffentlichung dieser Briefe erfüllen Lobo Antunes Töchter den letzten Willen ihrer Mutter und machen damit ein einzigartiges, sehr persönliches Zeitdokument zugänglich. Lobo Antunes Nachrichten aus dem Kolonialkrieg, illustriert mit Faksimiles, Fotos aus Angola und von der Familie, sind zugleich Tagebuch, Literatur, Kriegsbericht und Geschichte einer Liebe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.05.2008

In Florian Borchmeyers Rezension des Bandes mit Briefen aus dem Krieg in Angola, für den Antonio Lobo Antunes 1971 für zwei Jahre als Feldarzt eingezogen wurde, werden Autor, Herausgeberinnen und Übersetzerin gleichermaßen mit vernichtender Kritik überzogen. Nicht nur, dass dem Rezensenten dieser Band mit seinen intimen Geständnissen unerträglich "voyeuristisch" erscheint und Lobo Antunes' seitenlangen Liebesbeteuerungen an seine Frau in Lissabon Kürzungen vertragen hätten. Nein, den gelangweilten Rezensenten erbost gleichermaßen, dass sich dieser Briefband in hagiografischer Manier ganz auf die Briefe des berühmten Romanciers beschränkt und die Antworten seiner Frau weggelassen hat. Des weiteren ärgert sich der Rezensent über das, wie er findet "schlampige" Glossar, das völlig unsystematisch geordnet sei, hinlänglich bekannte Persönlichkeiten ausführlich vorstelle und dafür einflussreiche militärische und politische Figuren der Zeitgeschichte unter den Tisch fallen lasse. Was den Rezensenten aber an diesem von ihm als "editorisches Ärgernis" abgekanzelten Werks am tiefsten enttäuscht, ist, dass es den von ihm bewunderten großen portugiesischen Erzähler und bewussten politischen Intellektuellen als Privatier zeigt, der sich aller politischen Kommentare zu diesem sinnlosen Kolonialkrieg enthält.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.01.2008

Antonio Lobo Antunes' Briefe, die er Anfang der 1970er Jahre als Militärarzt aus dem Angolakrieg an seine Frau nach Lissabon geschrieben hat, haben bei Thomas Laux einen leicht zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Er liest die Korrespondenz des angehenden Schriftstellers vor allem als ein "existenzielles, schmerzliches Dokument der Sehnsucht". Allerdings merkt man den Briefen seines Erachtens an, dass sie nicht für einen Veröffentlichung gedacht waren. Zahlreiche Passagen sind für seinen Geschmack zu intim und die vielen Liebesbezeugungen, so verständlich sie sind, wirken auf ihn bald redundant. Überhaupt hält Laux die erste Hälfte des Buchs für nicht besonders aufregend, zumal er von der Realität des Kriegs wenig erfährt, weil Antunes, wie er vermutet, seine schwangere Frau schonen wollte. Wesentlich interessanter wird es in seinen Augen dann in der zweiten Hälfte, wo Antunes ankündigt, einen Roman schreiben zu wollen. Hier hat Laux das Gefühl, "beim Zustandekommen des Romans selbst dabei zu sein." Zudem zeichnen sich für ihn die Umrisse des Programms ab, das Antunes in seinen späteren Werken konsequent umgesetzt hat.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 10.01.2008

Berührend, schrecklich und faszinierend zugleich findet Rezensent Martin Lüdke dieses Buch, das aus seiner Sicht außerdem eine fantastische Einführung in Antonio Lobo Antunes' Werk darstellt. Denn in diesen Briefen, die Antunes zwischen 1971 und 1973 als junger Militärarzt aus dem Angolakrieg an seine junge Frau nach Lissabon schreibt, spürt Lüdke schon das ganze Werk, das Antunes danach schreiben wird. Lüdke hört in diesen Briefen aus dem furchtbaren Kolonialkrieg bereits, wie sich langsam der Chor der Stimmen herausbildet, die Antunes in seinen Büchern sprechen lassen wird, jene "widersprüchlichen Stimmen" aus der Finsternis "des kollektiven Bewusstseins". Auch das Zwanghafte, das aus Sicht des Rezensenten das Schreiben dieses Autors ausmacht, sieht er hier entstehen und begründet. Fasziniert haben die Briefe den Rezensenten aber auch als "Studie über die Macht der Fantasie und die Ohnmacht der Liebe".

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2007

Rezensent Alex Rühle ist hingerissen von den Briefen, die Antonio Lobo Atunes seiner Frau aus dem Angolakrieg schrieb. Für Rühle ist der Band "Kriegsreportage", Liebesroman und "philosophischer Werkstattbericht" in einem und gibt einen Eindruck von den Erlebnissen, die laut Rühle "als dunkles Hintergrundleuchten" in den späteren Texten des Arztes und Schriftstellers fortwirken. Bezaubert zeigt sich Rühle von der Neugierde des Autors und den hier dokumentierten Lektionen der Wahrnehmung im Krieg. Die Sublimationskraft der Liebesschwüre an die ferne Geliebte aber hält Rühle für geradezu übermenschlich. Nicht sinnlich, sondern erotisch erscheinen ihm die Briefe. Und voller Hoffnung.
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