Debora Vogel

Die Geometrie des Verzichts

Gedichte, Montagen, Essays, Briefe
Cover: Die Geometrie des Verzichts
Arco Verlag, Wuppertal 2015
ISBN 9783938375617
Gebunden, 680 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Jiddischen und Polnischen von Anna Maja Misiak. Eine faszinierende europäische Schriftstellerin der Avantgarde und emanzipierte Intellektuelle - dass Debora Vogel heute fast unbekannt ist, ist eigentlich nur dadurch zu erklären, dass sie ausgerechnet Jiddisch zur Literatursprache wählte, sich unter Männern zu behaupten hatte, in der galizischen Provinz schrieb, und dass ihr gewaltsamer Tod 1942 ihrem Schaffen ein Ende setzte. Nur der innigen Freundschaft mit dem heute berühmten Erzähler und Graphiker Bruno Schulz (1892-1942) ist zu verdanken, dass ihr Name nicht gänzlich in Vergessenheit geriet. Ihre beiden Gedichtsammlungen "Tagfiguren" (1930) und "Schneiderpuppen" (1934) sind hier auf Jiddisch - in Umschrift - und in der Übersetzung zu lesen. Vogels Lyrik spiegelt ihre Faszination für geometrische Figuren wider, drückt Liebesverluste oder ihr wachsendes Unbehagen mit dem Kapitalismus aus. Ihre Großstadtgedichte fangen urbane Bilder aus Paris und Berlin ein. Ihrem Lebensmittelpunkt Lwów (Lemberg) und ihren familiären Wurzeln spürte sie 1937 in einem Essay nach.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 01.07.2017

Das Verdienst von Anna Maja Misiak, die Deborah Vogels teilweise verschollenen Gedichte, Montagen, Essays und Briefe sorgfältig zusammengetragen und übersetzt hat, ist gar nicht genug zu würdigen, meint Rezensent Dirk Schümer. Fasziniert taucht der Kritiker hier in das Lebenswerk der in Galizien geborenen, von deutschen Besatzern 1942 ermordeten und heute fast vergessenen jiddischen Autorin: Schümer staunt nicht nur, wie weitsichtig Vogel europäische Entwicklungen schon in den Vorkriegsjahren beobachtete, sondern liest auch interessiert, wie die Autorin mit Freunden, Herausgebern und Verlegern etwa über die Pariser Surrealisten, Thomas Mann oder Celines Neuerscheinungen diskutierte. Insbesondere bewundert der Kritiker Vogels Gedichte, die nicht nur von konstruktivistischem Farb- und Lichtspiel oder der New Yorker Großstadtlyrik beeinflusst sind, sondern auch die verzweifelte Lage der zwischen Hitler, Stalin und polnischem Nationalismus eingeschlossenen Ostjuden vor Augen führen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2016

Höchste Zeit, dass die polnisch-jüdische Philosophin und Dichterin Debora Vogel aus dem Schatten ihres Freundes Bruno Schulz tritt, findet Marta Kijowska. Denn Vogel war weit mehr als die Muse des Schriftstellers, fährt die Kritikerin fort, die in dieser deutschen Gesamtausgabe nicht nur Briefe mit Reise- und Lektüre-Eindrücken, Gedanken über den Literatenberuf oder über das Jiddische als Kunstsprache liest, sondern vor allem die beiden sowohl in deutscher als auch in jiddischer Sprache abgedruckten Gedichtsammlungen Vogels (wieder-)entdeckt. Fasziniert beobachtet die Rezensentin, wie Vogel Elemente aus Kubismus, Futurismus, Konstruktivismus oder Neuer Sachlichkeit einfließen lässt, experimentell mit geometrischen Figuren, "kühlen" Farben, "statischen" Bildern und rhythmischen Wiederholungen spielt und dabei das Chaos der einbrechenden Moderne einfängt. Nicht zuletzt hat Kijowska die kenntnisreichen, analytischen kunsttheoretischen Essays, etwa zur Fotomontage, Farbenlehre oder zu einzelnen Künstlern wie Malewitsch, Chagall, Brecht oder Thomas Mann mit Gewinn gelesen.
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