Dima Wannous

Die Verängstigten

Roman
Cover: Die Verängstigten
Karl Blessing Verlag, München 2018
ISBN 9783896676276
Gebunden, 256 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Arabischen von Larissa Bender. Als Suleima im Wartezimmer eines Psychologen Nassim, einen Arzt und Schriftsteller, kennenlernt, entspinnt sich zwischen den beiden eine Amour Fou, die viele Jahre andauert. Als in Syrien der Krieg ausbricht, flieht Nassim nach Deutschland und lässt nichts mehr von sich hören. Doch eines Tages erreicht Suleima ein Manuskript ihres Freundes. Bei der Lektüre stellt sie fest, dass Nassim eine Geschichte erzählt, die sehr viel mit ihrer eigenen zu tun hat. Salma, die Protagonistin aus Nassims Manuskript, erzählt von dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter, vom frühen Tod des Vaters und den Schwierigkeiten, mit Eltern aufzuwachsen, die unterschiedlichen Religionen angehören, in einer Familie, die von der Diktatur zermalmt wurde.  Für Suleima wird die Lektüre von Nassims Manuskript zu einer Reise zu sich selbst, in magischen Traumbildern arbeitet sie ihre eigene Vergangenheit auf, beginnt ihre Geschichte zu begreifen und macht sich schließlich auf die Suche nach der Frau, die ihr Schicksal teilt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 17.01.2019

Rezensent Kersten Knipp übernimmt eine Formulierung der Übersetzerin Larissa Bender, wenn er schreibt: Die Hauptprotagonistin dieses Romans sei die "Angst selbst", die alles durchdringende Angst, in welcher die Syrer seit vielen Jahren unter der Herrschaft der Assads leben oder vielleicht muss man sogar sagen: verlernen zu leben. Leben würde schließlich bedeuten, ein Individuum zu sein, mit einer individuellen Biografie, einer Identität, doch genau diese scheint eine der Figuren verloren zu haben, erklärt Knipp. Nach tagelanger Folter findet der Schriftsteller Nassim Unterschlupf in Deutschland. In der Zwischenzeit hat er einen Roman geschrieben. Die Geschichte darin ist jedoch nicht seine eigene, lesen wir, sondern die von Suleima, der Ich-Erzählerin - einer Frau, die Nassim während seiner Zeit in Therapie kennengelernt und die ihm ihr Leben und das ihrer Familie erzählt hat. Durch diese Dopplung werden interessante Fragen aufgeworfen zur Angst, zur Authentizität und wie beide miteinander in Verbindung stehen. Es ist ein aufwühlender, packender, "großartig" Roman, den Dima Wannous geschrieben hat, lobt der begeisterte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2018

Dass Dima Wannous in "Die Verängstigten" ihre eigene Lebensgeschichte verarbeitet, ist kein Geheimnis. Genau wie ihre Ich-Erzählerin Sulaima hat auch sie erfahren müssen, wie es ist, von der eigenen Familie verstoßen zu werden und wie es sich anfühlt, in einem Land zu leben, dass von Angst und Misstrauen regiert wird, erzählt Rezensentin Lena Bopp, die diese Angst noch beim Lesen spürt. Wannous extreme Unsicherheit, so Bopp, spiegelt sich in der Erzählsprache, die mehr mit Fragen als mit Aussagen arbeitet und von einem wiederkehrenden Lamento durchzogen ist. Am spannendsten findet die Rezensentin den Teil des Romans, in dem Sulaima das Manuskript ihres geflohenen Geliebten liest und sich selbst in dessen Erzählung wiedererkennt. Auf diese Weise werden dem Leser nämlich einige wertvolle Einblicke in die Vergangenheit der Erzählerin gewährt, welche erahnen lassen, was ein Leben in ständiger Angst bedeutet, so die angeschlagene Rezensentin.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.10.2018

Kein Wort der Wertung fällt in Angela Schaders Rezension zu "Die Verängstigten". Dass ihre umfangreiche, fast hingebungsvolle Zusammenfassung für Dima Wannous' Romandebüt spricht, können wir nur vermuten. Detailliert beschreibt sie darin Wannous vier Protagonisten sowie deren teils tragische Vergangenheit und erklärt, auf welche Weise die Autorin aus Damaskus in den Familiengeschichten ihrer Figuren, ihre eigene Geschichte sowie fundamentale Konflikte der syrischen Gesellschaft verarbeitet. Geprägt von diesen Konflikten und von der politischen und gesellschaftlichen Situation in Syrien, treffen diese Figuren in einer Psychotherapeutenpraxis aufeinander, lesen wir.  Zwischen zweien von ihnen entwickelt sich eine Beziehung, doch die Liebe erstickt, ehe sie richtig gebrannt hat, denn zwischen diesen Menschen kann keine echte Nähe entstehen. Ihre Begegnung, bemerkt Schader, ist nämlich keine zwischen ganzen Menschen, sondern zwischen "Geistern". Die permanente, alles durchdringende, übermächtige Angst und das ewige Gefühl der Leere hat diesen Menschen allen Lebenssaft entsogen, sodass nur noch "schwebende Dissonanz" übrig ist, so die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2018

Für Rezensent Moritz Baumstieger trägt Dima Wannous' Roman "Die Verängstigten" genau den richtigen Titel: Das Buch erzählt von der Syrerin Sulaima, die in Damaskus stellvertretend für ein ganzes Volk eine Depression erleidet, die der Angst vor dem Assad-Regime ebenso geschuldet sei wie der vor dem Bürgerkrieg. Dass Sulaima sich mit der Romanfigur ihres geflohenen Geliebten, eines Schriftstellers, vergleicht, so Baumstieger, erlaubt es Wannous, die Geschichte der syrischen Gesellschaft aufzurollen. Der Rezensent erhält dabei einen Einblick in die verstörenden Gemütslagen der geplagten Syrer. Dass Wannous dabei auch die "oft widersprüchlichen Beziehungen zwischen Tätern und Opfern" beschreibt, rechnet er ihr hoch an.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de