Annett Gröschner, Peggy Mädler, Wenke Seemann

Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat

Cover: Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat
Carl Hanser Verlag, München 2024
ISBN 9783446279841
Gebunden, 320 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Drei Freundinnen, ein Küchentisch, vor den Fenstern die Nacht: Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann reden. Über sich als "Ostfrauen", was auch immer diese Schublade bedeutet, über das Glück krummer Lebensläufe, über die Gegenwart mit ihrer sich ständig reindrängelnden Vergangenheit. Es wird getrunken, gelacht und gerungen, es geht um Erinnerungsfetzen und Widersprüche, um die Vielschichtigkeit von Prägungen und um mit den Jahren fremd gewordene Ideale. Im japanischen Volksglauben gibt es Geister, die aus achtlos weggeworfenen Dingen geboren werden - "wie sähe der Dinggeist der DDR aus?", fragen die drei.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 04.04.2024

Erst 1995 wurden DDR-Pässe für ungültig erklärt, erfährt man erstaunt in Nadine Brüggers Besprechung des Gesprächsbandes von Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann, der auf Anregung eines Hanser-Lektors entstanden ist. Ziel dieses Bandes war es, im aktuellen Ost-West-Diskurs "ein bisschen Humor und mehr Großzügigkeit" füreinander zu schaffen, erklärt Brügger, und das ist ihr zufolge auch gelungen. Auch die Auftritte der drei auf der Leipziger Buchmesse zeigen, dass das Buch Identifikationspotential aufweist und gleichzeitig ein bisschen, aber nicht zu viel verallgemeinernd ist. Verständnis füreinander findet sich lobenswerterweise ebenso wie Offenheit, nur etwas mehr Reibungen und streitbare Diskussionen hätte sich die Kritikerin gewünscht. Dennoch ein aufschlussreicher Band, der fast wie eine "Art Wimmelbuch" funktioniert, resümiert sie.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2024

Rezensent Dirk Knipphals hat dieses Buch sehr gern gelesen, scheint es. Die drei Autorinnen unterhalten sich über Klischees, ostdeutsche Identität oder vielmehr ostdeutsche Erfahrungen, aber auch über Alltägliches, wie die Datschen im Grünen, und über gesamtdeutsche Probleme bis hin zum Ukrainekrieg. Mit einem Bierchen dazwischen geht das ganz locker, wie "seitliches Vorübergehen am eigenen Leben", meint der Kritiker. Und ist oft auch "sehr klug", wenn die drei zum Beispiel über Identität als Konstrukt nachdenken oder überlegen, wie man solidarisch auf reale Abstiegsängste reagieren kann, bevor die Leute zur AfD abwandern. Wer also mehr über ostdeutsche Erfahrungen wissen will, ohne gleich in einen Kulturkampf einzusteigen, wird mit diesem Buch offenbar sehr gut bedient.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2024

Die Idee zu diesem Buch von Peggy Mädler, Annett Gröschner und Wenke Seemann stammt vom Hanser-Lektor Florian Kessler, weiß Kritiker Cornelius Pollmer und findet sie gut: Die drei Frauen sprechen nicht nur übers Betrinken (in der DDR mit Ehrgeiz betrieben, fügt Pollmer an), sondern vor allem darüber, was "der Osten" überhaupt ist. Dass es den "idealen Staat" weder gegeben hat noch geben wird, wissen sowohl Autorinnen als auch Rezensent. Ihn überzeugt, wie "das never ending Selbstgespräch des Ostens" hier noch einmal neu und ohne Anspruch auf Allgemein- oder Endgültigkeit Themen wie Körperbilder und finanzielle Verhältnisse, Selbstverständnis und die "Geister der DDR" gelenkt wird.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de