Eduard von Keyserling

Schwüle Tage

Erzählungen
Cover: Schwüle Tage
Manesse Verlag, Zürich 2005
ISBN 9783717520627
Gebunden, 444 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Martin Mosebach. Ein Leben wie der Duft überreifer Früchte: süßlich und schwer, nah an der Schwelle zum Verderben; ein solches Leben haben Keyserlings Helden gemein. Subtil-ironisch entwirft er in den vier Erzählungen dieses Bandes, "Schwüle Tage", "Bunte Herzen", "Nicky" und "Am Südhang", ein Bild des auf den ersten Blick unbeschwerten Landadels. Doch hinter der Fassade verbergen sich unbefriedigte Sehnsüchte, Sinnkrisen sowie erotische und gesellschaftliche Spannungen. Keyserling wird hier zum leisen Kritiker, stellt Akteure in den Vordergrund, die versuchen, dem Nur-dekorativ-Sein zu entfliehen und zeitweise zum Heraustreten aus ihrem Alltag gezwungen werden. Eine leise, ständig präsente Melancholie, die das Leben eines jeden umspielt, hält die Erzählungen wie ein Band zusammen. Naturschilderungen, Farben und Sinneseindrücke erzeugen eine einzigartige atmosphärische Dichte.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 12.05.2005

Ursula Pia Jauchs Rezension gibt viel vom Leben des baltischen "Literatur-Impressionisten" Eduard von Keyserlings und leider wenig über seine vier Erzählungen preis, die jetzt in dem Band "Schwüle Tage" neu im Manesse-Verlag erschienen sind. Der 1855 geborene Spross eines kurländischen Adelsgeschlechts, der 1918 in Folge einer Syphilis-Infektion ans Bett gefesselt, blind und vereinsamt starb, habe mit "entschieden nach rückwärts gewandter Perspektive das Leben des baltischen Landadels in die Literatur hinüberzuretten verstanden", erfahren wir bei Jauch. Und ferner, dass sein von Schreiben um die "nie endenden baltischen Sommerimpressionen voller Ruhe, Stillstand und gefährlicher Behaglichkeit" kreise. "Sinnkrise", "Melancholie", "unaufhaltsamer Untergang aller Vitalität" - solcherart seien die Motive, die die erste, titelgebende Geschichte des Bandes dominieren, in der die Schilderung einer Vater-Sohn-Beziehung mit dem Suizid des Vaters endet. Da die anderen Erzählungen keine Erwähnung finden, ist wohl davon auszugehen, dass sie sich von jener ersten in Sujet und Stimmung nicht wesentlich unterscheiden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.05.2005

Eduard von Keyserlings Erzählungen sind Erinnerungen an eine untergegangene Welt, an das "weltentrückte, komfortabel erschlaffte" Treiben auf den Landschlössern östlich der Elbe, erklärt Kristina Maidt-Zinke. Das Leben der Aristokratie ist kurz vor dem Ersten Weltkrieg im Leerlauf verharrt, alles zum Stillstand gekommen. Keyserling, während der Niederschrift schon erblindet, lässt diese Welt voll Morbidität und Erschöpfung noch einmal auferstehen, schwärmt Maidt-Zinke. Sie empfiehlt dem Leser, sich "schwelgerisch" den mannigfaltigen Gerüchen, Farben und Sinneseindrücken hinzugeben, die Keyserling heraufbeschwört, der rationale, "kühl sezierende Blick" sei hier fehl am Platze. Nur wer in die Geschichten "hineinhorcht, sie ertastet und einatmet", komme in den Genuss der "subtilen Tönungen", mit denen Keyserling die Weltgeschichte einfließen lässt. Schließlich widerspricht die Rezensentin noch Keyserlings Etikettierung als "baltischer Fontane", die mit seiner jüngsten Wiederentdeckung einhergeht. Keyserling sei "Impressionist" und "Decadent", und sein Stil sei "üppiger, sinnlicher, ausschweifender, parfümierter" als der Fontanes.
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