Francis Fukuyama

Staaten bauen

Die neue Herausforderung internationaler Politik
Cover: Staaten bauen
Propyläen Verlag, Berlin 2004
ISBN 9783549072332
Gebunden, 240 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Hartmut Schickert. Internationaler Terrorismus, Proliferation von Massenvernichtungsmitteln, Drogenhandel, Aids - für viele der Übel, mit denen die Welt heute auf dramatische Weise konfrontiert ist, gibt es einen gemeinsamen Nenner: schwache, gescheiterte Staaten, die politischen und religiösen Fanatikern wie auch mafiosen Banden als Operationsbasis dienen. Dieser neuen Herausforderung muss sich die internationale Staatengemeinschaft stellen, doch fehlen bislang Erfahrungen und Rezepte. Francis Fukuyama, brillanter Vordenker der amerikanischen politischen Klasse, bietet eine ebenso provozierende wie überzeugende Antwort: Im "Aufbau von Staaten", in der Schaffung und Stärkung staatlicher Institutionen sieht er die Hauptaufgabe internationaler Politik im 21. Jahrhundert. Von Afrika bis Nahost, von Südasien bis Mittelamerika gilt es, durch "State-building" außer Kontrolle geratene Regionen zu befrieden und zu stabilisieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.12.2004

"Die Geschichte geht weiter", überschreibt Thomas Speckmann etwas spöttisch seine Besprechung dieses Werks, in dem sich Francis Fukuyamas dem Problem der internationalen Ordnung, dem State-Building, widmet. Speckmann tituliert Fukuyama als "einen der politischen Vordenker der USA", vermisst in dem Buch aber genau jene Perspektive über die gegenwärtige Lage hinaus, die Vordenker so auszeichnet. Fukuyama "beschränkt" sich darauf, die Dimensionen der Staatlichkeit zu nennen, die Legitimationsbasis von Regierungen zu erklären und zu erläutern, warum der Staat in den meisten Entwicklungsländern so schwach ist. Wie diese Erkenntnisse allerdings zum Aufbau neuer oder der Stabilisierung bestehender Staaten beitragen können, "lässt sich Fukuyamas Ausführungen nicht entnehmen", wie der Rezensent feststellt. Ein Konzept bleibe der Autor also "schuldig", anders als im Klappentext versprochen. Einen Grund für diese "Ratlosigkeit" vermutet Speckmann in der Vernachlässigung des Dreißigjährigen Krieges, wo viele der heutigen Probleme schon einmal angedeutet wurden.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.12.2004

Dagmar Pöpping erinnert zunächst daran, dass der konservative Vordenker Francis Fukuyama bereits mit seiner These vom "Ende der Geschichte" grandios falsch lag, bevor sie sich daran macht, sein neues Werk zu zerpflücken. In "Staaten bauen" erklärt Fukuyama den Aufbau starker Staaten zum derzeit wichtigsten Ziel der internationalen Politik, allerdings, wie Pöpping vermutet, aus einem eher eigennützigen Kalkül: Denn schwache Staaten verfallen nicht nur in Elend und Chaos, sondern stellen auch ein Risiko dar, wenn sie etwa von Terrororganisationen übernommen werden. Doch ob Fukuyama nun diskutiert, wie ein solcher auch nach innen starker Staat extern aufgebaut werden soll oder wie sich Amerikaner und Europäer im Staatsverständnis unterscheiden - er hat einen schweren Stand bei der Rezensentin: "Neue Einsichten vermittelt Fukuyama damit nicht."

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.11.2004

Beeindruckt und ein wenig neidisch ist Beat Bumbacher angesichts der konzisen Form, mit der Francis Fukuyama "ein beeindruckendes Maß an gedanklicher Durchdringung des Stoffes" seines neuen Buchs gelingt. Dieses dreht sich, diesmal "ohne hegelianischen Gestus", um das dringliche Problem der so genannten "gescheiterten" Staaten, die zum Tummelplatz religiöser und politischer Fanatiker werden. Im Hinblick auf die massiven Schwierigkeiten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit in jenen schwachen Staaten zu installieren fasst Bumbacher den zentralen Gedanken Fukuyamas verkürzend wie folgt zusammen: "Institutionen müssen nicht einfach mit Hilfe von Einheimischen entwickelt werden, sondern von diesen selber, um eine Überlebenschance in der rauen Realität zu haben." Denn Staaten seien keine Fertighäuser, die schlüsselfertig nach Afghanistan und Co. exportiert werden können. Die Problemlage, die Fukuyama konstatiert, sei dabei eine ganz andere als noch vor ein paar Jahren, als das Credo hieß: nur ein schlanker Staat ist ein starker Staat. Ein Blick auf die "gescheiterten" Staaten genüge, um festzustellen: "Rechtsstaatlichkeit ist nun einmal wichtiger als Privatisierung." Wer sich von dem etwas drögen organisationstheoretischen Mittelteil des Buchs nicht abschrecken lässt, wird mit einer "ideologisch unverstellten Sicht auf jene Quadratur des Kreises belohnt, als welche sich das Problem des ‚Staatenbaus‘ heute darstellt", verspricht uns der überzeugte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 06.10.2004

Ein "ideenpolitisches Ereignis ersten Ranges" nennt Warnfried Dettling Francis Fukuyamas "Staaten bauen", ein Plädoyer für einen starken, nicht aber "allzuständigen" Staat. Denn von der Stärke der Staaten hängt, so Fukuyamas zentrale Einsicht, die Stabilität der weltpolitischen Zukunft ab. Dass Stärke und Allzuständigkeit sich nicht notwendigerweise bedingen, sondern möglicherweise manchmal sogar in die Quere kommen, zeigt das Beispiel Deutschlands. Denn aller hierzulande grassierenden Überreguliertheit zum Trotz, argumentiert der Rezensent, zeigt der Staat sich ja zunehmend außerstande, eher harmlose Themen wie Eigenheimzulage oder Entfernungspauschale in den Griff zu bekommen. Fukuyamas in wissenschaftlicher und argumentativer Hinsicht makelloses, dazu gut geschriebenes Werk legt der Rezensent nicht nur allen mit Politik Befassten, sondern vor allem auch der "verunsicherten Linken" ans Herz.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.09.2004

Staat kommt wieder in Mode, stellt Herfried Münkler fest, seit der Zusammenbruch staatlicher Strukturen in Ländern der armen Welt (wie etwa in Somalia) nicht nur ins Elend und Chaos, sondern auch zu neuen terroristischen Bedrohungen geführt hat. So plädiert auch der amerikanische Politologe Francis Fukuyama in seinem neuem Buch für die Stärkung des Staates, allerdings eines schlanken. Dabei interessieren ihn nicht die sozialen Funktionen des Staates, sondern Institutionen, die ein leistungsfähiges Bildungssystem, eine effiziente Verwaltung und ein verlässliches Rechtssystem gewährleisten sollen. Einige sehr anspruchsvolle Überlegungen und bemerkenswerte Feststellungen sieht Rezensent Münkler von Fukuyama gemacht, etwa "dass Rechtstaatlichkeit wichtiger sei Privatisierung". Trotzdem fühlt er sich Fukuyama in den entscheidenden Fragen des state-building hängen gelassen. Fukuyama beschreibe allein die Voraussetzungen, die effektiven staatlichen Institutionen zugrunde liegen, lasse aber offen, was passieren muss, wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. Sie schaffen? Wenn ja, wie? Oder Resignieren?