Franz Walter

Abschied von der Toskana

Die SPD in der Ära Schröder
Cover: Abschied von der Toskana
Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004
ISBN 9783531142685
Kartoniert, 186 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Seit 1998 regiert die SPD. Aber einen kraftvollen oder gar stolzen Eindruck machen die Sozialdemokraten nicht. Die Partei wirkt vielmehr verwirrt, oft ratlos, auch ermattet und erschöpft. Sie verliert massenhaft Wähler und Mitglieder. Vor allem die früheren kernschichten wenden sich ab. Auch haben die überlieferten Leitbilder keine orientierende Funktion mehr. Führungsnachwuchs ist rar geworden. Was erleben wir also derzeit? Die ganz triviale Depression einer Partei in der Regierung? Oder vielleicht doch die erste Implosion einer Volkspartei in Deutschland? Das ist das Thema dieses Essaybandes. .

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.05.2005

Einerseits war Dieter Rulff sehr angetan von Franz Walters historischen Sondierungen im Herzen der SPD. In "Abschied von der Toskana" zeichnet der Göttinger Parteienforscher und Politologieprofessor genau nach, wieso und woran Gerhard Schröders einst mit dem Terminus "Neue Mitte" propagierte Politik gescheitert ist. Hauptgrund, nach Walter: Der Kanzler hat den Kontakt zu seinen Wählern, den finanziell Schwächeren, den Arbeitslosen, den Deklassierten verloren. Die Neue Mitte ist ein virtueller Raum. Das, so Rulff, arbeitet der Autor sachlich fundiert und mit lebhaftem Stil heraus. Und dann kommt er zum Andererseits: Walter versäumt es, Auswege aus der Misere, die ja längst nicht mehr nur Sache der SPD oder ihres Kanzlers ist, aufzuzeigen. Anstatt den Wählern und den Politikern Hinweise zu geben, wie es weitergehen könnte, moniert der Rezensent, begnügt Walter sich mit der Rolle des ätzenden Analytikers, der über einen neuen Danton spekuliert, hinter dem sich das linksgesonnene Wahlvolk wieder versammeln könnte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.10.2004

Einen "Abgesang auf die sozialdemokratische Emanzipationsbewegung" erblickt Rezensent Stefan Dietrich in Franz Walters Aufsatzsammlung "Abschied von der Toskana", die sich mit den letzten fünf Jahren der SPD unter der Regie Gerhard Schröders befasst. Der Parteienforscher beschreibe die Auflösung des sozialdemokratischen Milieus, das Verschwinden alter Gewissheiten und verbrauchter Parolen. Zwar zweifle er nicht daran, dass die Rolle der "Partei der Arbeiterklasse" für die SPD ausgespielt ist. Mit dem Neue-Mitte-Pragmatismus der Partei wolle er sich aber auch nicht anfreunden. Mal erwärme er sich für den Gedanken einer großen Koalition, um dann eine möglicherweise entstehende neue Linkspartei als strategischen Partner der SPD zu favorisieren. Dietrich hebt hervor, dass sich Walter hin- und hergerissen zeigt zwischen Traditionalismus und Anpassungszwang. Insgesamt spiegelten Walters "stets temperamentvoll und eloquent vorgetragene" Befunde, so Dietrich, "mehr das Auf und Ab in der seelischen Verfassung des Autors als das der SPD".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.09.2004

"Klug, pointiert und ohne falsche Illusionen" findet Dietmar Süss diesen Essayband des Göttinger Parteienforschers Franz Walter, der die tiefen Wandlungen der SPD seit den 70er Jahren analysiert. Er attestiert dem "Psychotherapeuten der Sozialdemokratie", mit "Verve und Einfühlungsvermögen" und ohne die frühere "beißende Häme" zu schreiben. Wie der Rezensent darstellt, sieht Walter die SPD in einer tiefen Identitätskrise, was der dramatische Verlust ihrer Kernanhängerschaft aus der Arbeiterklasse vor Augen führe. Dabei zeigt sich Walter skeptisch gegenüber dem Geist der Agenda 2010, berichtet Süss, der Trend zu immer mehr Flexibilität und Individualisierung, der Wunsch nach Beschleunigung und "Optionsmehrung" sei gar nicht mehr das, was sich viele, vor allem jüngere Menschen wünschen. Zudem mache er deutlich, dass die Themen Reichtum und Armut, der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit, die neuen Unterschichten und nicht wenigen Verlierer der Wissensgesellschaft und künftig verstärkt auf der politischen Agenda insbesondere der Sozialdemokratie stehen werden.
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