Gerhard Schulze

Die beste aller Welten

Wohin bewegt sich die Gesellschaft im 21. Jahrhundert?
Cover: Die beste aller Welten
Carl Hanser Verlag, München 2003
ISBN 9783446202818
Gebunden, 392 Seiten, 23,50 EUR

Klappentext

Gerhard Schulze entwirft in seinem neuen Buch das Bild einer Gesellschaft, die nicht mehr vom Prinzip der permanenten Steigerung dominiert wird. Das Gefüge der Werte verschiebt sich und die Menschen beginnen eine neue Richtung einzuschlagen: Fragen der Lebenskunst, des Zusammenlebens und der Kultur werden wichtiger genommen als zuvor.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.04.2003

Die "verstehende Soziologie" Gerhard Schulzes geht in eine neue Runde: Nach seinem populär gewordenen Befund der "Erlebnisgesellschaft", erklärt Uwe Justus Wenzels mit einem kurzem Blick zurück, gehe es nunmehr um die Konstellation der Ideen vom "Können" und vom "Sein" in modernen Gesellschaften. Diese beiden allein bestimmten laut Schulzes Kulturdiagnose unsere Existenz, wobei die Idee des "Könnens", die mit einer Logik der permanenten Steigerung einher gehe, derzeit bestimmend sei. Aber: So geht es nicht weiter. Der Ausweg, den Schulze sich abzeichnen sehe, liege in der Hinwendung zum "Sein", zur Nutzung all der Spielräume, die wir uns rastlos schaffen. Das passiere von ganz allein und fange damit an, dass uns die ewige Steigerung zunehmend absurd vorscheine: "Die Stunde der Kultur ist gekommen". So weit, so gut - aber auch so alt, konstatiert Wenzel, und findet Schulzes Bestandsaufnahme ein wenig zu "erbaulich", ohne den nötigen "Biss des Negativen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2003

Das "bestürzende Produkt einer Überkompensation" nennt Christian Geyer das neue Buch des Autors der "Erlebnisgesellschaft". Während der Begriff des Erlebnisses "einfach zu viele philosophische und ästhetische Gehalte" geborgen hatte, "als dass es mit einer Klassifikation von unterschiedlichen Konsumstilen hätte ausgereizt werden können", habe Schulze sich nun am Versuch einer, wie es im Buch heißt "Verbindung von verstehender Soziologie, Existenzphilosophie und Pragmatismus" verhoben. Das Resultat charakterisiert Geyer so: "Lauter Stromschnellen, in denen der Strom des Denkens versiegt." Geyer meint aber, Schulze wolle ja wohl sowieso gar nicht denken, sondern nur "Formen beschreiben, in denen man denken soll". Entsprechend kommt für ihn dabei eine "Diagnose-Mimikry" heraus und eine "bemüht antiintellektuelle Denklehre". Zwar sei das alles Unsinn, schreibt Geyer zum Schluss, weil es aber Unsinn sei, "der sich so gut mit Pfeilbildern auf Folien darstellen lässt", werde er in "Fortbildungskursen für Entscheidungsträger" und in "weltanschaulichen Akademien" zweifellos seine Abnehmer finden.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.03.2003

Dieses Buch läute, schreibt Ludger Heidbrink, eine "neue Ära" ein. Und zwar die Zeit nach der "alteuropäischen Hoffnung auf Eingriffe" sowie "nach der Kulturkritik". Der Rezensent ist begeistert: Nun bleibe nur noch das "Dasein als fortgesetztes Experiment mit ungewissem Ausgang". Heidbrink bespricht Schulzes neues Buch mithin ganz und gar überschwänglich, nennt es "überaus feinsinnig" und "weitsichtig", bescheinigt Schulze, dass ihm eine "präzise Feldvermessung der Gegenwartslandschaft" gelungen sei sowie die "klare Diagnose einer wachsenden Unzufriedenheit, auf die niemand eine genaue Antwort hat". Außer Schulze selbst, der eine bestimmte Richtung in der Entwicklung ausgemacht haben will, die ihm gefällt, und die er darum nun auch dem Leser als Antwort auf alle Fragen schmackhaft machen will. Schulzes Buch ist also nicht zuletzt, in Heidbrinks Worten, ein "Plädoyer für eine Kursveränderung, die sich, ob wir wollen oder nicht, schon längst vollzieht". Besagter Wandel soll, in Schulzes Worten, von "den Sachen zu dem Subjekt, das sie handhabt", verlaufen, und, wie man aus der Rezension erfährt, wohl irgendwie auch von einer Priorität des "Sachlichen" zu einer des "Kreativen" sowie von "Gesellschaft" zu mehr "Gemeinschaft". Vor allem aber sollen solche und andere Gegensätze sich in Zukunft gegenseitig hervorragend ergänzen und miteinander vertragen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

Martin Hartmann ist erstaunt, dass er vom Soziologen Gerhard Schulze einen philosophischen Entwurf zu lesen bekommt. Bisweilen grenzt dieser aber an "soziologische Esoterik", kritisiert Hartmann, da der Autor auf jegliche Empirie verzichte und sich lieber in Prophetie übe. Der Rezensent kann nachvollziehen, wie der Mensch in naher Zukunft den Konsum überwinden und wieder damit anfangen wird, einen Sinn zu suchen. Der Schritt der Menschheit in eine sinngesättigte Moderne aber, in eine Welt jenseits der Sachen, erscheint Hartmann zu problemlos und übereilt dargestellt. Zuvor sollten wir, rät der Rezensent, noch die Missstände beseitigen, die wir jetzt schon beseitigen können. "Es geht schlicht um die Einsicht, dass der entwickelte Kapitalismus mehr Demütigungen und Deklassierungen zulässt, als Schulze wahrhaben will."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003

Bescheiden und präzise im Stil, radikal und weit blickend im Gehalt - Frank Böckelmann ist beeindruckt von Gerhard Schulzes großer "Zeitdiagnose", gibt aber zu, auf eine "harte Probe" gestellt worden zu sein. So erinnere Schulzes Argumentation mal an "postmoderne Epochenplünderer", dann wieder scheine der Bamberger Soziologe hinter die Erkenntnisse der subjektkritischen Philosophien des 20. Jahrhunderts zurückzufallen. Beide Eindrücke jedoch, weiß Böckelmann, täuschen: Schulze analysiere das Einmünden des "Steigerungsspiels" der Moderne die Absurdität des Überangebotes in Form von Waren und Medien, ziehe daraus aber verblüffend optimistische Schlüsse. Denn die Dynamik der Steigerung, so Schulzes Prognose, behindert sich selbst, indem sie nämlich überall neue "Möglichkeitsräume" hervorbringt. Das Subjekt, inmitten des Steigerungspiels angetrieben von der Sehnsucht nach "Ankunft", findet die maßlos erweiterten Möglichkeitsräume vor und muss nun, um sie auch nutzen zu können, wieder Sinnsucher sein. Die "Logik des Könnens" kitzelt also eine ihr entgegen gesetzte "Denkwelt des Seins" hervor, schreibt Böckelmann.
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