Günter Gödde

Traditionslinien des Unbewußten

Schopenhauer, Nietzsche, Freud
Cover: Traditionslinien des Unbewußten
edition diskord, Tübingen 1999
ISBN 9783892956532
Gebunden, 655 Seiten, 39,88 EUR

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.07.2000

Um die Konzeption des "Unbewussten", also um das "Verhältnis von Psychoanalyse und Philosophie" geht es hier, schreibt Hans-Dieter Gondek. Denn das "Unbewusste" hat zunächst als ein "kognitives" bei Leibniz z.B. existiert, dann als ein "vitales" bei den Klassikern, und ein "triebhaft irrationales" bei den Romantikern, Schopenhauer und Nietzsche. Freuds Entwicklung, so sieht Gondek es bei Gödde dargestellt, geht über diese Traditionslinien bis zur Idee eines Todestriebes, des Es und schließlich einer "irreduziblen Destruktivität" hinaus, was einen "konzeptionellen Umbruch" bedeutet. Der Rezensent findet all dies plausibel dargestellt, bemängelt jedoch, dass nach-freudianische (besonders die lacanschen) Weiterentwicklungen keine Beachtung bei ihm finden. Den größten Raum nehmen bei Gödde die Beziehung Freuds zu Schopenhauer und Nietzsche ein, wie es der Titel ja durchaus vermuten lässt; dabei kann der Autor der Untersuchung von Reinhard Gasser ("Nietzsche und Freud") jedoch wenig Neues hinzufügen, meint Gondek. Dagegen lässt er jedoch jene "Denker an Kontur gewinnen", schreibt der Rezensent, die - wie Herbart, Carus und von Hartmann -, obzwar heute kaum noch bekannt, das 19.Jahrhundert "wesentlich beherrscht haben".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.05.2000

In einer gelehrten Rezension kommt Martin Stingelin zu dem Schluss, dass der Autor hier eine "intellektuell sehr redliche Arbeit vorgelegt" habe. Neue Quellen kann er in diesem Band zwar nicht ausmachen, andererseits erläutert der Rezensent, wie Gödde die Beiträge anderer Autoren zur Schopenhauer- bzw. Nietzsche-Rezeption zusammengetragen und ausgewertet hat. Die Frage, inwiefern Freud mit dem Werk Nietzsches vertraut war, wird hier - wie Stingelin feststellt - allerdings auch nicht geklärt. Gödde behauptet, dass Freud diese Werke nicht kannte, Stingelin weist jedoch auf einen Aufsatz von Renate Schlesier hin, die "auf Grund derselben Indizien" zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt. "Der Kampf um die Deutungsmacht" geht also weiter, resümiert Stingelin. Lobend hebt er jedoch hervor, dass Gödde sehr genau die Phasen nachzeichnet, "in denen sich Freuds Konzeption des Unbewussten in der Auseinandersetzung mit diesen widerstreitenden Traditionslinien wandelt". Daher sei der Band als Einführung in die Psychoanalyse durchaus von Wert, meint Stingelin.
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