Hannes Stein

Der Komet

Roman
Cover: Der Komet
Galiani Verlag, Berlin 2013
ISBN 9783869710679
Gebunden, 271 Seiten, 18,99 EUR

Klappentext

Der Erste Weltkrieg hat nicht stattgefunden, Amerika ist Kontinent der Hinterwäldler: In diesem Roman gibt es keine Anglizismen, keine amerikanischen Erfindungen und keinen Krieg. Dafür ein Europa voller Juden, den Mond als deutsche Kolonie und Wien als Zentrum der Welt. "I bin doch ned deppat, i fohr wieder z haus" lautet der Schlüsselsatz dieses Buches denn damit fällt in Hannes Steins Roman Der Komet der Erste Weltkrieg aus. Gesprochen wird der Satz vom österreichischen Thronfolger am 28. Juni 1914 in Sarajewo, wo gerade jemand versucht hat, eine Bombe auf Franz Ferdinand zu werfen.Das hat natürlich Folgen: denn ohne den Ersten Weltkrieg gibt es auch keinen Zweiten und keinen Kalten Krieg, keine Entkolonialisierung und keine Kollision mit dem Islam.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.02.2014

Gern hat Christoph Haas sich für eine Buchlänge die Illusion eines friedlichen Europas gegönnt. Der Autor macht es ihm schmackhaft mit einem Panorama (keiner großen Story allerdings), das einen weitgehend monarchistischen Staatenverbund zeigt. Franz Ferdinand wurde nicht getötet, Kriege sind nicht ausgebrochen, die deutsch-jüdische Tradition wurde nicht ausgelöscht, das 20. Jahrhundert ist ein Zeitalter des Ausgleichs, nicht der Extreme - wie schön. Ein einfacher Kniff mit großer Wirkung ermöglicht dieses Buch, das Hannes Stein laut Rezensent liebevoll mit Details und Verfremdung ausstattet. So taucht Hans Moser zwar auf, aber als ein anderer. Und Auschwitz ist nur in Albträumen präsent - wer wünschte sich das nicht.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 28.09.2013

Nicht durchweg zufrieden ist Georg Renöckl mit Hannes Steins Roman über einen alternativen Verlauf der Geschichte, in dem die Schüsse von Sarajevo vor knapp 100 Jahren ihr Ziel verfehlten, Europa sich daher im Zuge nicht zerfleischte, das preußische Kaiserreich heute Kolonialherr des Mondes ist und Wien eine zentrale Weltmetropole. Seine Amüsement beim Erkunden dieser "schrägen alt-neuen Welt" kann der Rezensent zwar nicht verbergen, doch will ihm dieses neue Österreich auch etwas sehr kommod erscheinen sowie die Geste, mit der die Tragödien des 20. Jahrhunderts in ihr Gegenteil verkehrt werden - so ist Anne Frank in dieser Alternativwelt Literaturnobelpreisträgerin -, eine Spur zubemüht. Auch der im Kommentarteil befindliche Abgleich der Fiktion mit den realen historischen Ereignissen kommt ihm wie ein erklärter Witz vor. Dennoch träumt Renöckl am Ende davon, was für eine, wenngleich unbemerkte, Glanzstunde es doch gewesen wäre, hätte sich Erzherzog Franz Ferdinand vor 99 Jahren nach dem ersten missglückten Attentat auf ihn einfach vondannen gemacht.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.05.2013

Jean Paul, Georg Büchner, Thomas Mann, ach was: Shakespeare! Die Liste der Referenzen, die Wolf Biermann für Hannes Steins Roman "Der Komet" auffährt, ist so lang wie illuster. Der Rezensent versucht gar nicht erst, seine überbordende Begeisterung zu verhehlen, erwähnt eingangs aber immerhin gleich zweimal, dass es sich bei dem Autor um einen Freund handelt. Angeregt referiert Biermann das Konzept des Romans: wie wäre wohl die Geschichte verlaufen, wenn das Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und in der Folge der erste Weltkrieg ausgeblieben wäre? Ausgehend von dieser Prämisse wird der Leser "zeit-verzaubert, wird rückwärtsgeschleudert in ein fiktives 20. Jahrhundert einer blühenden k. u. k. Monarchie". Für diese Idee und ihre, wie er beteuert, kongeniale Umsetzung wünscht Biermann seinen Freund mindestens in die "Spiegel"-Bestsellerlisten.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2013

Nein, mit diesem Roman von Hannes Stein kann Martin Lhotzky herzlich wenig anfangen. Stein erdichtet darin eine Welt, die den Holocaust nicht erlebt hat, und somit auch nicht den Verlust der Juden in der europäischen Kultur. Irgendwie ist die ganze Geschichte anders verlaufen, aber erkennbar geblieben. Die Titanic ist NICHT auf einen Eisberg gelaufen, und Thronfolger Franz Ferdinand wurde 1914 NICHT in Sarajewo erschossen. Die Handlung dieser Utopie erscheint dem Rezensenten recht nebensächlich, weswegen er sie auch nur kurz streift: im weiterhin kakanischen Wien beginnt die Frau des Hofastronomen eine Affäre mit einem jungen Studenten, während ihr Mann zum Mond reist. Lhotzky würde das als "harmlose Spintisiererei" abtun, wenn ihn nicht der Spott gegen die vermeintliche politische Korrektheit geärgert hätte. Bei den Schilderung der NICHT ermordeten Niederländerin Anne Frank als "große, alte Dame der deutschen Literatur, die vergnügte, weise Nörglerin" erkennt Lhotzky allerdings auf "Störung der Totenruhe".
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