Jan Eckel

Hans Rothfels

Eine intellektuelle Biografie im 20. Jahrhundert
Cover: Hans Rothfels
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892449751
Gebunden, 475 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Hans Rothfels (1891-1976) war einer der einflussreichsten Historiker der frühen Bundesrepublik. Seine geschichtswissenschaftliche Tätigkeit erstreckte sich vom Ersten Weltkrieg bis in die sechziger Jahre. Dabei vollzog sie sich unter verschiedenen politischen Systemen und aus unterschiedlichen akademischen wie biografischen Positionen heraus. In der Weimarer Republik machte er als nationaler Junghistoriker eine aufstrebende Karriere, bis er nach dem Januar 1933 aus rassistischen Motiven ausgegrenzt wurde. Im amerikanischen Exil führte er seine Beschäftigung mit der deutschen Geschichte fort und kehrte 1951 mit einer hohen moralischen Reputation nach Deutschland zurück. Die vielfachen politischen und lebensgeschichtlichen Brüche, die Rothfels erlebte, führten dazu, daß er in seiner Historiografie immer wieder neue historische Anschlüsse herzustellen versuchte, um den Verlauf der jüngsten Geschichte jeweils sinnvoll deuten zu können. An Rothfels' Beispiel wird damit eine spezifische wissenschaftliche Reaktion auf den historischen Wandel des 20. Jahrhunderts greifbar.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 19.01.2006

Ein Buch ohne Publikum, fürchtet Volker Ullrich, könnte Jan Eckels Biografie über den Zeithistoriker Hans Rothfels bleiben. Eckel arbeite zwar sehr scharf das "intellektuelle Profil" des Historikers heraus, vergesse dabei jedoch, auch auf die Erzählbarkeit zu achten. Rothfels bleibe als Person, als Mensch "blass". Auch Eckels Schreibstil überhaupt wird kritisiert. Von dem "imponierhaften Jargon" fühlte sich der Rezensent spürbar abgestoßen, die "bombastische Einleitung" machte es nicht besser, und auch dass der Autor "mit seinem wissenschaftlichen Handwerkszeug ... klappert", geht Ullrich tüchtig auf die Nerven. Dafür schildere Eckel in gelungener Weise, wie Rothfels, jüdischer Antidemokrat, von den Auswüchsen der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft kalt erwischt und schließlich ins Exil getrieben wurde, um nach den Krieg zu einer Integrationsfigur der Zunft zu avancieren. Die eigentliche "Leistung" dieser Biografie besteht für den Rezensenten aber in der Klarstellung, dass die Geschichtsschreibung für Rothfels primär ein Mittel zur "Verarbeitung gegenwärtiger Erfahrungen und Konstellationen" war.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 22.11.2005

Jan Eckel hat mit seiner intellektuellen Biografie des Historikers Hans Rothfels eine "historiografische Glanzleistung" vorgelegt, findet Rezensent Manfred Hettling, selbst Historiker an der Universität Halle. Rothfels war einer der einflussreichsten Geschichtswissenschaftler der Bundesrepublik, allerdings nicht unumstritten, erklärt Hettling. In einem Aufsatz in dem gerade erschienenen Sammelband "German Scholars and Ethnic Cleansing, 1920-1945" (Berghahn Books, New York) werde Rothfels als Faschismussympathisant vor 1933 und als Neokonservativer nach 1945 beschrieben. Hettling skizziert in seiner Besprechung kurz die Biografie von Rothfeld: Geboren 1891 konvertierte er 1901 vom Judentum zum Protestantismus. Als Historiker war er "staatstragend und politisch konservativ", erzählt Hettling. Rothfeld, der 1937 Auswanderung noch als "Landesverrat" bezeichnet hatte, musste 1939 emigrieren. 1951 kehrte er in die Bundesrepublik zurück und begann seine "zweite, weit einflussreichere Karriere". An Eckels Biografie des Historikers hebt der Rezensent drei Erkenntnisse besonders hervor: Rothfels hielt "immer am Staat als zentraler Deutungskategorie" fest. Dennoch machte er "intellektuelle Wandlungen" durch - so akzeptierte er Staatenbündnisse wie die Europäische Union sehr früh. Mit der pluralistischen Demokratie tat er sich dagegen lange schwer, erfahren wir. Und schließlich, so Hettling, zeigt Eckel "überzeugend, dass Rothfels' historiografisches Grundmuster darin bestand, gegenwärtige Konstellationen in die Vergangenheit zu projizieren. Die 'Erlebnisgemeinschaft' war für ihn Voraussetzung für historische Wissenschaft." Diesen Gedanken findet der Rezensent heute noch aktuell. Mit der Jagd nach Zeitzeugen a la Guido Knopp habe das allerdings gar nichts zu tun.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de