Jan Peter Bremer

Nachhausekommen

Roman
Cover: Nachhausekommen
Berlin Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783827014917
Gebunden, 208 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Sechs Jahre jung ist der Erzähler, als ihn seine Eltern aus dem wilden Berlin der 1970er-Jahre ins dörfliche Gümse des niedersächsischen Wendlands verpflanzen. Nicht nur ist sein imposanter Vater ein erfolgreicher Künstler, auch wird ihr Zuhause ein regelmäßiger Treffpunkt für die Kunst- und Kulturszene der alten Bundesrepublik. Mit dem intellektuellen, politisch links stehenden Milieu der Eltern und dem ländlich-provinziellen Leben des Dorfes im "Zonenrandgebiet" prallen Welten aufeinander, zwischen denen der Junge Orientierung sucht - und schließlich im Schreiben findet.In einer großen Erinnerungsbewegung schildert Jan Peter Bremer eine Kindheit auf dem Land.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.01.2024

Rezensent Oliver Jungen ist sehr angetan von Jan Peter Bremers neuem Roman, der starke autobiographische Züge trägt. Bremer entwirft hier ein Porträt des "revolutionären Künstlerkosmos"  in den 1970er Jahren, der trotz allen progressiven Ideen und Dünkeln von denselben patriarchalen Strukturen dominiert wird, wie der Rest der Welt. Die dominante Vaterfigur, die dem Maler Uwe Bremer nachempfunden ist, der mit Frau, Kind und Künstlerkollegen ins Wendland übersiedelte, inkarniert diese, so der Kritiker. Der Sohn leidet zunächst durch dieses linke Künstlermilieu: von der Landjugend wird er gemobbt, in der Schule versagt er. Die "dandyhaften" Künstler lehnen die ländliche Bevölkerung um sie herum ab. Der Rezensent begrüßt , dass Bremer seine Geschichte in kurzen, teils divergierenden Episonden erzählt, in denen der Ich-Erzähler rückblickend sein Leid, aber auch die schönen Momente reflektiert, die so gut zur Geltung kommen. Schließlich findet der Junge über die Literatur zum Schreiben und damit Beachtung bei den Eltern und seiner Umgebung - "ein berührendes Vergnügen", schließt Jungen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 07.11.2023

Rezensent Eberhard Falcke liest mit Schmunzeln über Jan Peter Bremers Kindheitserlebnisse in einer Künstlerkommune im Wendland in den 1970ern. Viel Landlebenatmo und treffende Bilder zaubert der Autor aus seiner Erinnerung, erzählt humorig von mobbender Landjugend und vom übermächtigen Vater, so Falcke. Dass Bremer dabei die für Falcke erkennbaren Risse und Untiefen des Kinderparadieses weitgehend außer Acht lässt, findet Falcke allerdings schwierig. Bremers Poetik der grotesk-komischen Anverwandlung des Alltäglichen kommt hier mitunter an ihre Grenzen, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.10.2023

Sehr gern liest Rezensent Hilmar Klute Jan Peter Bremers Roman, in dem der Autor seine eigene Kindheit im Wendland verarbeitet. Dorthin war sein Vater, der Maler Uwe Bremer, zu Beginn der siebziger Jahre mit einigen anderen Künstlern gezogen, erfahren wir, wobei Klute gleich anfügt, dass es dem Autor keineswegs ums Namedropping und die Intrigen der BRD-Künstlerszene geht. Vielmehr beschreibt Bremer laut Rezensent die Erfahrungen eines schüchternen Jungen, der in der Schule versagt und gemobbt wird. Auch das Familienleben ist keineswegs freigeistig, heißt es weiter, sondern strikt patriarchal geprägt, was das Buch zu einem klarsichtigen Zeitbild der Siebziger-Jahre-Tristesse macht. Ein Buch über das Erinnern an eine Vergangenheit, die gleichzeitig schmerzlich und anziehend ist, schließt Klute seine Besprechung.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 21.09.2023

Interessant findet Rezensent Nico Bleutge, wie anders sich Jan Peter Bremers Prosa in einem Buch liest, das keine ausufernde Geschichte erzählt, sondern autobiografisch grundiert ist. Es geht um eine Jugend im Wendland der 1970er. Die Hauptfigur wächst als Außenseiter auf, was laut Bleutge mit Bremers Eltern zu tun hat: Der Vater ist Künstler und sein für Provinzverhältnisse extravagante Lebensstil sorgt offenbar in der Umgebung für Irritationen. Zunächst hat Bremer ein gutes Gespür für die Spannungen, denen sich die Hauptfigur auch im familiären Bereich ausgesetzt sieht, lobt Bleutge. Später jedoch wirkt vieles auf ihn zusammenhanglos bis irrelevant. Erst der biografische Weg hin zur Literatur bringt die Hauptfigur und auch Bremers Roman wieder auf die richtige Spur, schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.09.2023

Rezensent Helmut Böttiger hat schon geahnt, dass Jan Peter Bremer irgendwann einmal über seinen Vater, den Künstler Uwe Bremer, und sein Aufwachsen in der Künstlerkolonie Wendland schreiben würde. Und doch ist Bremers Roman anders, als er es erwartet hätte: Die Kindheit in den siebziger Jahren spielt sich an einem Ort ab, der bewusst schwammig gehalten ist, so Böttiger, wichtiger als die Künstlerfiguren sind die Konflikte zwischen Städtern und Landleuten und das Mobbing, das der Erzähler erfährt. Das alles liest der Kritiker aus der Perspektive des erzählenden Kindes: die Eltern scheinen so plakativ wie übermächtig, eine interessante Verfremdung, findet er. Auch wenn die RAF und der Terror eine wichtige Rolle spielen, verliert das Buch nicht seine Leichtigkeit, urteilt der Rezensent, der sich doch zu fragen scheint, ob die Siebziger wirklich so "eine glückliche Zeit" waren.