Jochen Schmidt, David Wagner

Drüben und drüben

Zwei deutsche Kindheiten
Cover: Drüben und drüben
Rowohlt Verlag, Reinbek 2014
ISBN 9783498060558
Gebunden, 336 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Zwei Deutschlands und zwei Jungen, fast zeitgleich geboren, nur nicht im selben Staat. David Wagner wächst im Westen auf, unweit der Bundeshauptstadt Bonn, Jochen Schmidt im Osten: in Berlin, Hauptstadt der DDR. Sie spielen in der Wohnung, im Garten, zwischen Plattenbauten oder auf Baustellen und warten darauf, dass endlich das Fernsehprogramm beginnt. Sie fahren Rad mit Freunden, klauen ihren Geschwistern Süßigkeiten und streiten sich mit ihnen auf der Rückbank des Familien­autos um den besten Platz. Sie träumen von der Fußballnationalmannschaft, üben wieder nicht Klavier und hören in der Schule, "drüben" sei die Welt schlechter.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.11.2014

Es wundert Ursula März, dass erst jetzt zwei Autoren den "der Reiz der Zwillingsforschung" über DDR und BRD erkannt haben sollen und in einem Gemeinschaftsprojekt ihre Kindheiten "Drüben und Drüben" beschreiben. Vielleicht ist das Bild des eigenbrötlerischen Autors einfach noch zu mächtig, überlegt die Rezensentin. Das Buch, das David Wagner und Jochen Schmidt jetzt vorgelegt haben, zeigt jedoch, wie lohnend die Zusammenarbeit sein kann, findet März. Entlang der gleichen Schauplätze - Kinderzimmer, Wohnzimmer, Küche, und so weiter - werden in einer "Poetik sinnlicher Unmittelbarkeit" die jeweiligen Lebenswelten phänomenlogisch ergründet, wobei beide Autoren es beherrschen, aus winzigen Details literarisches Material zu schöpfen, lobt die Rezensentin, die politischen Ereignisse werden weitgehend ausgeblendet und die Reflexion auf die Bedeutung der kleinteiligen Unterschiede wird gänzlich dem Leser überlassen. Das ist zwar einerseits die große Stärke des Buches, erklärt März, aber das Overstatement des Understatement kann auch enervieren, warnt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 07.10.2014

Jochen Schmidts Anteil an dem nun gemeinsam mit David Wagner geschriebenen Band "Drüben und drüben" über zwei Kindheiten in Ost und West hat Rezensent Florian Kessler offenbar besser gefallen. Das mag zum einen an dem vom Kritiker attestierten "Pointentemperament" liegen, zum anderen aber auch daran, dass die Erinnerungen Schmidts an seine Kindheit im Osten mit all den improvisierten Gerätschaften irgendwie idyllischer und vergnüglicher wirkt. Wagners lakonisch-essayistisch geschilderte Westkindheit in besten Verhältnissen in Andernach liest sich hingegen "überraschungsfrei", meint der Rezensent, der allerdings durchaus erfreut feststellt, dass es beiden Autoren gelingt, durch die reine Beschränkung auf die Beschreibung von Alltagsritualen aus der Flut von Ost-/West-Literatur herauszuragen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.09.2014

Unter den zahlreichen nostalgischen Erscheinungen zur Kindheit in den Siebziger- und Achtzigerjahren ist David Wagners und Jochen Schmidts neues Buch "Drüben und Drüben" wirklich eine "Kostbarkeit", schwärmt Oliver Jungen. Aber der Rezensent setzt noch einen drauf: Wagner, im Westen aufgewachsen und Schmidt, im Osten aufgewachsen, erzählen in ihrem Doppelporträt zur Kindheit während des Kalten Krieges ganz ohne Handlung, dafür aber im direkten Vergleich von Erlebnisbereichen wie etwa Kinderzimmer, Schule oder "Im Auto" und kreieren auf diese Weise ein "aromatisches Erzählen": Jungen stellt fest, dass sich die Kindheitserinnerungen, etwa der Geschmack von "Fritt", gar nicht wesentlich unterscheiden und während der Lektüre die Grenzen immer mehr zu schwinden beginnen. Ein im besten Sinne unpolitisches Buch, lobt der Kritiker, der hier brillante und unterhaltsame Alltagsbeobachtungen gelesen hat.
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