Joseph Ponthus

Am laufenden Band

Aufzeichnungen aus der Fabrik
Cover: Am laufenden Band
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2021
ISBN 9783751800433
Gebunden, 239 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Mira Lina Simon in Zusammenarbeit mit Claudia Hamm. "Am laufenden Band" ist die Geschichte eines jungen Mannes, der als Zeitarbeiter in Fischfabriken und Schlachthöfen in der Bretagne arbeitet. In einer einfachen und einfühlsamen Sprache erzählt Joseph Ponthus mit viel Humor von seinem Arbeitsalltag. Er berichtet von Monotonie und Schichtarbeit, von Kälte und Gestank, von körperlicher Erschöpfung und dem allgegenwärtigen Tod von Tieren, aber auch von der Solidarität der Arbeiterschaft und der "paradoxen Schönheit" der Hallen. Während er am Fließband steht und gegen Tonnen von Wellhornschnecken kämpft, erinnert er sich an die Musikerinnen und Schriftsteller, die ihn prägten. Dank Dumas wird er wieder Musketier, mit Apollinaire ist er Lous Liebhaber, mit Marx kämpft er gegen die Auswüchse des Kapitalismus. "Am laufenden Band" ist sowohl Versroman als auch soziologische Studie über die Mechanismen der Fabrikarbeit und die moderne Sklaverei in der Lebensmittelindustrie. Es vereint die Stimme des Arbeiters mit der des Intellektuellen - eine Liebeserklärung an die Kunst und eine Hommage an die Arbeiterklasse.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 23.12.2021

Rezensent Steffen Herrmann hätte sich vielleicht etwas mehr erwartet von Joseph Ponthus' Aufzeichnungen eines Fabrikarbeiters und Literaurwissenschaftlers. Dass der Autor das Milieu der Arbeiter in den Fischfabriken der Bretagne nicht entwirft, geschweige politisch auflädt, scheint Herrmann zu enttäuschen. So bleibt der ohne Satzzeichen daherfließende Text bloße Bestandsaufnahme eines zwischen Fließband und Schreiben zerrissenen literarischen Ichs, meint Herrmann. Immerhin: Literarische Verweise und philosophische Gedanken unterbrechen die Eindrücke aus der Fabrik, so der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.11.2021

Poesie und Liebe als Rettung der radikalen Linken, diese ungewöhnliche Maxime entdeckt Rezensent Christoph Bartmann in Joseph Ponthus Roman "Am laufenden Band". Mit äußerst  reduzierter Zeichensetzung verfasse der französische Schriftsteller ein "so wütendes wie euphorisches Poem" über seine Erfahrung der Fließbandarbeit. Bei dauerhaftem Zeitdruck und automatisierten Arbeitsabläufen in der Fischfabrik, später dem Schlachthof flüchtete sich der Autor in träumerischen Gedanken an namhafte AutorInnen und entdeckte in der kräftezehrenden Fabrikarbeit eine therapeutische Wirkung, erläutert Bartmann. Er bewundert Ponthus' einzigartige Zusammenführung von "politischen und poetischen Affekten", die den zu frühen Tod des Autors überdauern wird.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 25.09.2021

Rezensent Ulrich Rüdenauer ist berührt, auch schockiert von Joseph Ponthus' Buch über seine Zeit als Arbeiter in einer Fleischfabrik. Bedrückend und abstoßend sei, was der Autor in seinem Text zwischen Prosagedicht, Roman und Manifest beschreibe, so Rüdenauer: die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, der gnadenlose Takt der Fließbandarbeit, die Nachwirkung dieser Unterwerfung auch im Privaten. Wie dies formal für den Leser erfahrbar werde, nämlich durch die abgehackten Verse und die "spartanische" Sprache, findet der Rezensent eindrücklich. Immerhin einen kleinen Hoffnungsschimmer, einen Ausweg aus diesem harten Alltag sieht er manchmal aufblitzen: So finde Ponthus etwa bei seiner Frau und beim Gedanken an seine Lektüre von Céline, Beckett oder Marx Beistand.