Julien Gracq

Witterungen

Cover: Witterungen
Droschl Verlag, Graz 2001
ISBN 9783854205753
Broschiert, 160 Seiten, 24,54 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Dieter Hornig. Seit den 50er Jahren arbeitete Julien Gracq an Aufzeichnungen, kurzen unverbundenen Prosastücken, die er 1967 und 1974 in zwei Bänden veröffentlichte und denen er den Titel "Lettrines" gab, womit die ornamentalen Schmuckinitialen mittelalterlicher Handschriften bezeichnet werden. Die Texte der "Witterungen" sind in ihrer Thematik wie auch in ihrer Form höchst unterschiedlich: erzählende und beschreibende Stücke wechseln ab mit ironischen, kritischen und solchen von aphoristischer Knappheit: Marginalien zu Politik und Zeitgeschehen, Landschaftsbilder, Erinnerungen, Leseeindrücke, Urteile wechseln sich ab in bunter Mannigfaltigkeit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.04.2002

Sigrid Scherer begrüßt das Erscheinen der Übersetzung des bereits 1967 erschienenen Buches als längst "überfällig". Die Egozentrik des französischen Autors würde man entweder hassen oder lieben, so die Rezensentin, die offenbar zur zweiten Partei gehört. Sie schwärmt vom "präzise gemeißelten und oft pointierten" Stil Gracqs und erkennt eine "innere Logik" der zunächst fragmentarisch erscheinenden Texte. Sie verwiesen nämlich auf das "große Ganze des Ungesagten und Denkbaren", so die Rezensentin etwas wolkig, die allein wegen des Textes über eine "Bibliothek der ungeschriebenen Bücher" den Band als lesenswert preist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 28.02.2002

Endlich! Hans-Jürgen Heinrichs macht keinen Hehl aus seiner Erwartung dieser Übertragung von Gracqs Aufzeichnungen, die bis ins Jahr 1973 reichen. Und ist er zufrieden? Ist er. Geht es doch um eine skizzenhafte Entdeckungsreise durch die Literatur der Moderne, wie Heinrichs sie mag: aus der Perspektive des Schriftstellers gesehen nämlich, der hier den Bogen schlägt von Lektüreerfahrungen und äußerlichen Wegbeschreibungen über Seelenwanderungen hin wieder zur Literatur. Und voller haltbarer Pointierungen, haltbar, weil der Autor sich leidenschaftlich Themen zuwendet, "die Aussicht darauf haben, das bloß Zeitgenössische zu überdauern". Dabei eignet dem Ganzen auch noch Poesie, wie Heinrichs schwärmt, die "Kraft des Impulsiven" und sprachlich etwas von der Überfülle der Schmuckinitialen mittelalterlicher Handschriften.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2001

Der 91-jährige Schriftsteller Julien Gracq hat es schon zu Lebzeiten geschafft, eine Ikone der französischen Literatur zu werden, weiß Thomas Laux. Sein 1967 im Original erschienener Band "Witterungen", der jetzt auf Deutsch vorliegt, zeige Gracq als das, was sein Innerstes ausmache, meint der Rezensent: als Stilisten, der eine feine Spürnase für die kleinen Verwerfungen des alltäglichen Lebens besitzt. Das Buch ist ein abgeschlossenes Fragment, durchdrungen von vor allem literarischen Stationen des Autors, die er kritisch-distanziert reflektiert, so der Rezensent. Und seine Protagonisten, findet Laux, zeigen sich als unbehauste und streunende Helden - als Grenzbewohner, so wie der Autor, der sich stets in den grenzüberschreitenden Zustand zuvor selbst gesetzter Markierungen hineingeschrieben habe.
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