Karina Sainz Borgo

Das dritte Land

Roman
Cover: Das dritte Land
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103971224
Gebunden, 320 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Angelica Ammar. Angustias Romero ist auf der Flucht vor der Seuche. Mit ihrem Mann und den siebenmonatigen Zwillingen auf dem Rücken ist sie unterwegs in die Berge, auf dem Weg ins rettende Nachbarland. Überall Beschwernis, Hitze und Staub. Die beiden Kinder überleben die Reise nicht. An der Grenze unterhält Visitacíon Salazar einen illegalen Friedhof: Das dritte Land. Gegen den Widerstand von Kartellen und Todesschwadronen bietet sie den Ausgestoßenen einen Grabplatz. Hier endlich findet die Mutter für die toten Zwillinge einen Ort. Sie beschließt, bei ihnen zu bleiben und die Totengräberin in ihrem Kampf zu unterstützen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 13.03.2023

Mit "archaischer Wucht" präsentiert sich für Rezensentin Petra Pluwatsch der zweite Roman der gebürtigen Venezolanerin Karina Sainz Borgo. Sie erzählt von Angustias, die mit ihrem Mann und den Zwillings-Babys in ein anderes Land fliehen will. Zwar bleibt die Heimat ein namenloser südamerikanischer Staat, aber es sei klar, schreibt die Rezensentin, dass Venezuela gemeint und der Ausbruch der Pest als Metapher für die hoffnungslose politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation des Landes zu verstehen sei. Die Erlebnisse auf der 800 Kilometer lange Reise, die aus der Perspektive von Angustias erzählt wird, zeichnen für Pluwatsch das Bild eines hoffnungslosen, armen und lethargischen Landes, in dem nur der Überlebenswille von Frauen ein Signal der Menschlichkeit setzt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 04.03.2023

Von Flucht, Gewalt, Vergewaltigungen schreibt Karina Sainz Borgo in ihrem neuen Roman, und doch ist Rezensent Dirk Fuhrig seltsam unberührt von dem, was geschieht. Der Handlungsort wird nicht benannt, Fuhrig vermutet jedoch Venezuela als Ort, an dem einzig ein Friedhof noch eine gewisse Menschenwürde aufrechtzuerhalten versucht, bis auch dessen Betreiberin ermordet wird. Das ist für den Rezensenten zwar drastisch und schockierend, auch sprachlich, aber er verliert doch zu oft den Überblick über die verwirrenden Dialoge, Handlungssprünge und die fehlenden Bezüge, die den Text für ihn leider recht beliebig machen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 25.02.2023

Vor dem schonungslosen Realismus dieser Fluchtgeschichte schaudert es Rezensentin Susanne Romanowski. Die Geschichte, in deren Zentrum eine Totengräberin auf einem illegalen Friedhof steht, hat sie stark beeindruckt. Die Frau versucht auf der Flucht Verstorbenen, wie die sieben Monate alten Zwillinge einer Frau, die sie anschließend unterstützt, im Tod wenigstens etwas von ihrer Würde zurückzugeben, so die Rezensentin. Trotz der Distanz, die die Protagonistin Visitación zum Geschehen und zu ihren Emotionen einnimmt, ist Romanowski berührt, auch wenn sie manche Längen und etwas starre Figuren konstatiert. Der Roman kommt ohne genaue Raum- und Zeitreferenzen aus, verrät die Kritikerin, und dennoch kann sie recht deutliche Bezüge zu Südamerika und auch dessen Literatur sehen. Ein schmerzhaftes Buch, das trotzdem einen zarten Keim der Hoffnung erlaubt, schließt sie.
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