Katharina Born

Schlechte Gesellschaft

Eine Familiengeschichte
Cover: Schlechte Gesellschaft
Carl Hanser Verlag, München 2010
ISBN 9783446236288
Gebunden, 264 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Kann Verdrängtes Jahrzehnte, ja hundert Jahre später auf fatale Weise wieder zum Vorschein kommen? Während der 68er-Protestbewegung lernen sich der junge Dichter Peter Vahlen und die von allen bewunderte Hella von Nesselhahn kennen. Fast vierzig Jahre später ist Vahlen tot. Als der Doktorand Andreas Wieland Vahlens Nachlass sichten will, droht Hella die Vergangenheit einzuholen. Denn Wielands Recherchen führen ihn zurück in die Nazizeit und tief in die Verstrickungen einer Familie, in ihre Lebenslügen, Eitelkeiten und blinden Flecke. "Schlechte Gesellschaft" ist eine Spurensuche über drei Generationen, fesselnd, ironisch, voller lebendiger Figuren und unvergesslicher Schicksale.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2011

Katharina Born, die sich um den Nachlass ihres 1979 gestorbenen Vaters Nicolas Born verdient gemacht hat, legt hier einen Roman vor, dem man die autobiografischen Bezüge ablesen kann, stellt Friedmar Apel fest. Gravierender sind aber die Unterschiede, die in diese von der Kaiserzeit bis in die Gegenwart reichenden Familiengeschichte eingeflochten sind, macht der Rezensent deutlich. Im Zentrum des Buches steht der Nachlass eines Dichters, ein geheimnisvolles Manuskript und das Ansinnen, aus einem nachgelassenen Roman eine Fernsehserie zu machen, erfahren wir. Apel findet, dass es sich der Roman mit seinen andauernden Zeitwechseln und Schnitten mitunter zu leicht macht, auch wenn er der Autorin attestiert, die "erzählerischen Mittel" des gehobenen Unterhaltungsromans durchaus zu beherrschen, inklusive einer gehörigen Portion "Kolportage" und Märchenflair. Schade findet er, dass Born dennoch glaubt, sich hie und da durch Ironie oder Karikatur von ihrem Genre distanzieren zu müssen. Insgesamt aber hat er den lebendigen, wenn auch mitunter etwas "knalligen" Roman gern gelesen, wie in seiner freundlichen Besprechung deutlich wird.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.03.2011

Katharina Borns ambitioniertes Romanexperiment "Schlechte Gesellschaft", das einer Familiengeschichte mit den Mitteln einer TV-Serie nachspürt, findet Rezensent Helmut Böttiger eigentlich reizvoll. Die Tochter des Schriftstellers Nicolas Born, die sich bislang vor allem um den Nachlass ihres früh verstorbene Vaters kümmerte, erzählt hier in schnellen Schnitten und wechselnden Zeitebenen vom Kaiserreich bis in die Gegenwart, vor allem aber von der Elterngeneration in den 70er Jahren, lässt der Rezensent wissen. Hier tauchen auch einige wiedererkennbare Gestalten der Literaturszene wie Nicolas Borns Freunde Peter Handke und Rolf-Dieter Brinkmann auf, so Böttiger, der aber betont, dass das vorliegende Buch kein "Schlüsselroman" ist. Zudem macht Born auf der Handlungsebene mächtig Dampf, und lässt zwischen Mord, sexueller Abgründigkeit und Inzest kaum ein Kolportageelement aus, lässt Böttiger wissen. Wie die Autorin die übergroße Figur ihres Vaters in eine "erzählerische Fiktion überführt, die an die politischen und literarischen Vorstellungen der Zeit" anknüpft und sie in die moderne Medienwelt münden lässt, imponiert dem Rezensenten durchaus. Nur passt die "sozialrealistische" Erzählweise, die Böttger an eine Vorabendserie erinnert, so gar nicht dazu. Wenn schon Kolportage, dann muss es auch sprachlich krachen, findet er.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.02.2011

Christoph Schröder hat sich merklich gequält mit diesem Roman - und kann ihn am Ende beim besten Willen nicht empfehlen. Die Tochter von Nicolas Born packt zu viel hinein, die eigene Familiengeschichte natürlich, die ein wenig wie ein Schlüsselroman aufbereitet zu werden scheint, dann aber noch einen Schlüsselroman im Schlüsselroman und außerdem das epische Unterfangen einer über drei Generationen reichenden Geschichte, die die großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts mit einschließt. Aber das ganze lässt sich für Schröder nur mühsam bewältigen. Ihn stört vor allem eine papierne Sprache und ein Scheitern vor der Kompliziertheit des eigenen Unterfangens.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.02.2011

Ein böser Verriss. Ina Hartwig ist heillos entsetzt über diesen Roman Katharina Borns, deren Reiz für sie anfangs darin bestand, dass hier eine Schriftstellertochter die Geschichte einer Frau erzählt, die auf dem Dachboden ein unbekanntes Manuskript ihres verstorbenen Schriftstellervaters findet. Allerdings überschlagen sich dann die Ereignisse, die Familiengeschichte soll verfilmt werden, samt Inzestverdacht, Erlebnisse aus Erstem und Zweitem Weltkrieg und 68er-Revolte. Die Rezensentin liest dies nicht als Parodie, für sie hat sich Katharina Born an ihrem Stoff überhoben:  "Weniges greift, vieles verläppert sich", schimpft Hartwig, die bald auch den Überblick darüber verloren hat, wer wann wen vergewaltigt, geschwängert oder verlassen hat. Am Schlimmsten, weil am Banalsten erscheint der Rezensentin aber die Sprache, die Dialoge findet sie mal steif, mal naiv, aber meist mit dem "Hammer der Arglosigkeit" gebraucht. Die Lektüre endgültig verdorben haben der Rezensentin zudem vorsintflutliche Spießigkeiten und antisemitische Stereotype, die Hartwig hier entdeckt haben will.