Manfred Hildermeier

Die rückständige Großmacht

Russland und der Westen
Cover: Die rückständige Großmacht
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406793530
Gebunden, 271 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Seit Peter dem Großen und seiner erzwungenen Verwestlichung Russlands zieht sich ein zutiefst ambivalentes Verhältnis zum Westen durch die russische Geschichte: der Westen als Vorbild und der Westen als Feindbild. Der renommierte Russlandhistoriker Manfred Hildermeier erzählt in seinem fundierten Buch die lange Geschichte dieser schwierigen Beziehung und bietet damit auch einen Schlüssel für das Verständnis der kriegerischen Politik Wladimir Putins in der Gegenwart. Russland fühlt sich vom Westen bedroht - diese Wahrnehmung gehört zu den offiziellen russischen Begründungen für den Überfall auf die Ukraine. Doch Russland hat Europa und Amerika über die Jahrhunderte hinweg auch immer wieder nachgeeifert und seinen eigenen Erfolg daran gemessen, wie weit es technisch, ökonomisch oder kulturell "aufgeholt" hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.02.2023

Präzise zerpflückt der Geschichtswissenschaftler Manfred Hildermeier in seinem Buch Putins nationalistisches Narrativ, lobt Rezensent Stefan Plaggenborg. Russland war nie ein autochthones Land gewesen, bringt Plaggenborg die Analyse Hildermeiers auf den Punkt, der in seinem großen historischen Abriss überzeugend darlege, dass Russland und Europa schon im 17. Jahrhundert in Geistesgeschichte, Wissenschaft, Technik und Kultur miteinander verzahnt waren und in einem gewissen Gleichschritt dem aufgeklärten Gedanken des Fortschritts Priorität einräumten. Warum Russland sich bis heute trotzdem als ein rückständiges Land wahrnimmt - diesen Gegensatz bettet Hildermeier für den Kritiker so überzeugend in seine Analyse ein, dass der die "hybride Identität" Russlands beeindruckt in seinem Langzeitgedächtnis abspeichert. Dass das Buch zudem nüchtern formuliert und frei von eurozentrischem Gestus ist, wie er lobt, und Hildermeier sich gegen jede Russlandphobie verwahrt, lässt den Rezensenten verschmerzen, dass der Historiker die Kehrseite europäisch beeinflusster russischer Außenpolitik außen vor gelassen hat.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.10.2022

Rezensent Thomas Speckmann folgt mit großem Interesse Manfred Hildermeiers Blick auf die Geschichte Russlands. Hildermeier zeichnet das Land als eine rückständige Großmacht, die von Beginn an geprägt war durch abwechselnde Hinwendung und Abkehr vom Westen. War das Kiewer Großreich noch ganz nach Westen ausgerichtet, sorgten das große Kirchenschisma von 1054 und die Eroberung durch mongolische Reiterheere für Rückzug, Peter der Große blickt wieder nach Westen, die Bolschewisten zwar auch, aber eher als negative Folie. Gleicher Wechsel bei Jelzin und Putin. Speckmann nimmt aus dem Buch die Hoffnung mit, dass Russlands derzeit negative Faszination bald wieder von einer positiven abgelöst werden könnte.