Nora Bossong

Kreuzzug mit Hund

Gedichte
Cover: Kreuzzug mit Hund
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518428184
Gebunden, 101 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Wer braucht noch Ritterromane und Soldatenlieder - die Zeit der Helden ist lang vorbei. Monumente sind heute gegen Entgelt zu betreten, im Schatten des Mausoleums liegt die Shoppingmall. In Teheran werben Kinder auf Plakaten für das Jenseits, Orient ist nur der Name eines Wiener Hotels. "Please hurry, we close!", mahnt ein Soldat im Felsendom, und im Radio sprechen sie nach dem Gebet über Krieg. Nora Bossong reist in ihrem neuen Gedichtband von der deutschen Provinz übers Mittelmeer ins Heilige Land und weiter, der Zeitsprung ist ihre natürliche Gangart. Erfahrungshungrig spürt sie poetische Szenen zwischen jahrhundertealter Vergangenheit und konzentrierter Gegenwart auf. Fast beiläufig nimmt sie Menschen, Orte, Traditionen in den Blick und beschreibt sie, ohne ihnen ihre Geheimnisse zu nehmen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.01.2019

Rezensent Harald Hartung hat angesichts des neuen Gedichtbands von Nora Bossong gemischte Gefühle: Den ersten Teil über die deutsche Provinz findet er zu wenig präzise, auf ihn wirken Bossongs Gedankensprünge hier "angestrengt originell". Der zweite Teil über Reisen nach Italien, Israel und in den Iran erscheint dem Kritiker hingegen als fast religiöse Dichtung, die ihm zufolge zwar mit ein wenig Exotismus aufgeladen ist, aber durchaus berühren kann, wenn man von dergleichen angetan sei.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.12.2018

Rezensent Michael Braun anerkennt Nora Bossongs Versuch, die Kreuzzüge zu entzaubern und die Strahlkraft der Religionen gleich mit. Bossongs Ironie und Melacholie scheint ihn allerdings nicht durchweg zu überzeugen. Wenn Bossong die "Alte Tante Politik" porträtiert oder in Jerusalem nur flüchtige Zufallsfunde sammelt, bleibt sein Leseglück eher verhalten. Bossongs west-östlicher Divan aus Parabeln und Vignetten über deutsche Klöster und persische Kultur enthält laut Braun sowohl lyrische Meisterstücke als auch Genrebilder ohne viel Erkenntnispotenzial.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 29.12.2018

Rezensent Herbert Wiesner erkennt in Nora Bossong eine ironisch begabte, skeptische Reisende. Wenn Bossong von der deutschen Provinz aus in den Orient reist, scheint Wiesner froh, dass sich die Autorin nicht in die aktuelle Migrationspolitik einmischt. Am besten gefallen Wiesner die Texte im Band, die anspielungsreich, verdichtet und mit harten Schnitten Jahrtausende biblischer und moderner Geschichte durchschreiten, die Kreuzzüge und den Koran aufrufen. Um alle Bezüge zu verstehen, greift der angeregte Rezensent zur Suchmaschine.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.12.2018

Rezensent Kristoffer Patrick Cornils hält Nora Bossongs dritten Lyrikband für einen der wichtigsten seiner Art der jüngeren Zeit. Das liegt für ihn zum einen an Bossongs Fähigkeit, beobachtende Welterfahrung (bei Stipendienaufenthalten etwa) nicht zu reduzieren oder zu politisieren, sondern bei aller Knappheit der Sprache offen und mehrdeutig zu halten und nicht zu urteilen. Zum anderen liegt es an der Reibung und Eindringlichkeit, die enststeht, wenn die Autorin soziale Realitäten und individuelles Wünschen aufeinandertreffen lässt, meint Cornils, und zwar Zeile an Zeile. Selten wurde der Konflikt zwischen Sprache und Zeitgeschehen so lässig in Worte gefasst, findet der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.11.2018

Rezensentin Uta Grossmann fühlt sich wohl im lyrischen Universum von Nora Bossong. Bossongs neuer Gedichtband führt sie mittels reimlosen Versen in Assoziationsräume, zu Erlebtem und Erfundenem, auf Reisen und zu Erinnerungen an verlorene Geliebte, schließlich recht häufig zu Tieren, für Grossmann Boten der poetischen Welt. Wie die Autorin dem Leser eine Tagtraum-Sphäre in Teheran eröffnet oder eine Moschee in Isfahan und brennende PET-Flaschen in einem Text vereint, findet die Rezensentin lesenswert. Politisch, poetisch eine Bewegung von West nach Ost vollziehend, scheinen ihr diese Gedichte aufs große Ganze zu zielen.
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