Patrick Hofmann

Die letzte Sau

Roman
Cover: Die letzte Sau
Schöffling und Co. Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783895614804
Gebunden, 288 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Samstag, 5. Dezember 1992. Muckau, ein Dorf südlich von Leipzig. Weder Wende noch Wiedervereinigung haben den Tagebau zum Stillstand gebracht. Obwohl der Zusammenbruch der Braunkohleindustrie absehbar ist, drehen sich die Schaufelräder weiter, haben sich die Bagger bis an die Ortschaft herangefressen, deren Bewohner seit einem Jahr umgesiedelt werden. Die alten Schlegels sind die letzten. Ihr Abschied von Haus und Hof steht kurz bevor. Deshalb ist die Familie zusammengekommen, um Albrechts letztes Schwein zu schlachten. Am frühen Morgen erscheint jedoch kein Schlachter, sondern eine Schlachterin und schlägt die drei Generationen dieser einst systemtragenden ostdeutschen Familie in ihren Bann. Patrick Hofmanns derb-komischer Debütroman schildert das Schicksal einer Familie in einer Region, die wie keine zweite deutsche im 20. Jahrhundert von radikalen gesellschaftlichen, ideologischen, industriellen und landschaftlichen Umwälzungen heimgesucht wurde. Stück für Stück werden mit dem Schwein die deutsche Geschichte und die kommunistische Utopie zerlegt und verarbeitet - ein Auflösungsprozess, der auch vor der Familie nicht Halt macht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.12.2009

Rezensent Tobias Heyl ist sehr angetan von diesem Debüt, das von einer ostdeutschen Familie erzählt, die vor der Auflösung ihres Hofs die letzte Sau schlachten muss. Notwendig wird der Umzug, weil das Haus am Rande eines Tagebaus steht, was dem Rezensenten den richtigen Rahmen für einen "Blick in die Abgründe der Zeit" gab. Dass die "politisch anspielungsreiche Verwurstung" der Sau trotz der riskanten Fallhöhe funktioniert, liegt in den Augen des Rezensenten daran, dass Hoffmann "enorm begabt" ist. In dem polyphonen Roman wird allerhand Literatur- und Geistesgeschichte zitiert, von "Luther und Böll" bis zu "Hegel und Stalin". Das eröffnet Möglichkeiten für verschiedene Lesarten. Nach Heyls Meinung kann man sowohl den vielen Anspielungen "nachspüren" als auch den Roman einfach wegschmökern, als "sinnesfrohe, tragikomische deutsche Familiengeschichte".
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.11.2009

Provinz ist in, diagnostiziert Rainer Moritz nicht zuletzt angesichts Patrick Hofmanns Debütroman "Die letzte Sau". Mit profunder Fachkenntnis und großer Anschaulichkeit führt der 1972 geborene Autor darin in die Feinheiten des Schlachtens und der Fleischverarbeitung ein. Er schildert, wie eine - Männer wie Frauen gleichermaßen - betörende Schlachterin bei einem Schlachtfest auf einem sächsischen Bauernhof 1992 die "letzte Sau" zu Blutwurst und Kotelett verarbeitet. En Detail führe der Autor zudem bis dahin in der Literatur beispiellose Beschreibungen "eigenwilliger Sexualpraktiken" vor, bei der, wenn man dem Rezensenten glauben darf, Blutwürste eine prominente Rolle spielen. Bis dahin ist der Roman für Moritz ein durchaus bemerkenswerter Romanerstling. Schade nur, dass sich Hofmann nicht auf die Figur seiner schönen Schlachterin verlassen hat und seinen Roman mit gelehrten Zitaten, philosophischen Exkursen und Reflexionen über die DDR und die Treuhand überfrachtet hat, bedauert der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2009

Ein ganz ungewöhnliches, ein ganz ungewöhnlich interessantes Romandebüt, stellt ein sichtlich beeindruckter Michael Martens gleich zu Beginn seiner Rezension fest. Keine Spuren findet er hier vom üblichen Jungschrifsteller-Boheme-Milieu. Stattdessen: Ein Bauernhof in der Provinz. Geschlachtet wird und nicht um Lifestyle geht es, sondern um das Zurechtkommen mit dem brutalen Wandel, den die Wende bedeutet (das Ganze spielt 1992). Und als Bedrohung der Existenz lauert, sich nähernd, im Hintergrund der Braunkohletagebau, der sehr bald auch den Lebens- und Arbeitsraum der Familie Schlegel schlucken wird. Die Geschichte dieser Schlegels erzählt Hofmann in seinem Roman, und er tut dies trotz ganz gelegentlicher Schwächen insgesamt, wie der Rezensent nochmals betont, "entschieden und originell".
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