Pedro Lemebel

Träume aus Plüsch

Roman
Cover: Träume aus Plüsch
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783518455579
Kartoniert, 201 Seiten, 8,50 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Matthias Strobel. Töpfeschlagende Proteste und Tränengas begleiten wie jedes Jahr den September in Santiago de Chile zu Zeiten der Diktatur. Die "Tunte von der Front", den schwulen Paradiesvogel, interessiert das wenig, solange aus dem Radio süße Boleros erklingen und Carlos, der liebenswürdige Student mit dem glänzenden Lilienmund, der ständig schwere Kisten in ihrem Haus ablädt, ihre Träume anheizt. Als sich die Treffen der jungen Studenten auf ihrem Dachboden häufen und Carlos immer wieder tagelang verschwunden bleibt, wird sie unweigerlich hineingezogen in die Pläne einer politischen Bewegung, die das Land aus der Tyrannei befreien will.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.07.2004

Andreas Fanizadeh ist hingerissen von Santiago de Chiles selbst ernannter "Tunte der Apokalypse" - "kaum jemand", urteilt er, "schreibt derzeit so hinreißende Sätze wie Lemebel". Kaum jemand aus der Schar derer, die sich literarisch am Regime Pinochets rächen, von denen sich Pedro Lemebel auch durch seine schwule Perspektive unterscheidet: Ein Guerillero verliebt sich inmitten der Vorbereitung eines Bombenattentats auf den Diktator (die Geschichte spielt 1986) in eine Tunte, deren von Extravaganz umwehte Bleibe die Revolutionäre als gut getarntes Hauptquartier nutzen. Unterdessen spielen sich im Hause Pinochet private Dramen von äußerster Banalität ab; überhaupt ging es dem Autor, wie er dem Rezensenten im Gespräch verraten hat, um die Banalität der Diktaturzeit: "Märsche, Zinnsoldaten, Hüte, schwule Kadetten, Sonnenbrillen, die Angst und das Geplapper". Und die Geschichte einer "vergeblichen Liebe", die der Rezensent auch als Hieb gegen die "bigotten, prüden Klassenkampflinken" verstanden hat. Der auch als Journalist populäre Lemebel, so Fanizadeh, vermischt munter die Genres, lässt Reportageartiges auf Popmusik treffen, verquirlt "urbane Poetik" mit der Sprache der Macht. Und baut daraus einen gelungenen Roman über sexuelles Begehren, das Leid des Einzelnen und die Tragödie eines Landes.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.06.2004

Wenn man auch den Chilenen Pedro Lemebel angesichts seiner offenkundigen Exzentrik ("schwul, Indiohalbblut") für eine "intellektuelle Skandalnudel" halten könnte, so würde man darüber vielleicht übersehen, dass es sich bei diesem "Virtuosen der urbanen Chronik" eigentlich um "den größten Stilisten der chilenischen Gegenwartsliteratur" handelt, schreibt der mit "jak" zeichnende Rezensent. Lemebels erster Roman "Träume aus Plüsch" gebe in der Tat zu dieser Einschätzung allen Anlass, entfalte er doch "das Innenleben einer alternden Tunte" in "sprachlich wie psychologisch brillanter" Manier. Die "alternde Tunte" verliebe sich Hals über Kopf in einen jungen Widerstandskämpfer, der ein Attentat auf General Pinochet plane, und werde in den Strudel des Untergrunds eingesogen. Demgegenüber stehen Episoden eines grotesken Pinochets, der in Tagträumen vor seiner Frau Zuflucht sucht. Doch nicht nur die Handlung, auch Lemebels "überreiche verbale Krausen und Voluten" machen seinen Roman zur "Prosa des exzessiven Exzesses". Je grotesker die Figuren, so der begeisterte Rezensent, desto glaubwürdiger sind sie.
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