Peter Handke

Innere Dialoge an den Rändern

2016-2021
Cover: Innere Dialoge an den Rändern
Jung und Jung Verlag, Salzburg 2022
ISBN 9783990272633
Gebunden, 384 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Im vielfältigen Werk Peter Handkes gehören die Journale gewiss zu den Büchern, in denen uns Leserinnen und Lesern der Dichter am nächsten kommt, auch in seinem "Ideal", in der "Souveränität eines, der von niemandem etwas will, von niemandem etwas fordert, von niemandem etwas erwartet". Seine über die Jahregesammelten Aufzeichnungen sind ein Wunder der Literatur.  Handke zitiert darin (auswendig) aus seinen Lektüren, aus Tolstoi, Goethe, Doderer, Simenon, aus der Apostelgeschichte u. a., blättert im bereits knisternden Griechisch-Deutsch-Schulwörterbuch, schreibt an der "Obstdiebin ", später an "Zdeněk Adamec" und an "Das zweite Schwert", zweifelt, wundert sich, horcht, beobachtet mit zartem Blick seine nahe Umgebung und erdichtet wieder und wieder ein 11. Gebot. Wir dürfen ihn durch die Jahre bei all dem begleiten, auch durch die "Quarantänestille " der jüngsten Zeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.08.2022

Rezensent Claus-Jürgen Göpfert liest interessiert Peter Handkes "Innere Dialoge an den Rändern". Der bald 80-jährige Literaturnobelpreisträger versammelt darin zum wiederholten Male Aufzeichnungen, die diesmal zwischen 2016 und 2021 entstanden sind, erklärt Göpfert. Hier findet der Rezensent hunderte von Textsplittern, die sich zu einem vertrauten Puzzle zusammenfügen, Selbstkritik, erstaunliche Bekenntnisse und Notizen über literarische Vorbilder wie Tolstoi und Balzac, jedoch kaum Illusionäres oder gesellschaftliche Wirklichkeit. Dass Handke sich in seinem "Bemühen, eine poetische Gegenwelt heraufzubeschwören" allerdings zum Begräbnis von Serbiens Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic und einem Treffen mit dem verurteilten serbischen Kriegsverbrecher Radovan Karadzic hat verleiten lassen hat, vergisst der Rezensent nicht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 13.07.2022

Rezensent Helmut Böttiger betont vor allem das Widerspenstige, Suchende, Unangepasste in Peter Handkes poetischen Alltagsnotizen. Aus seiner Sicht sperren sich die Aufzeichnungen sowohl gegen die Banalität von Alltagsweisheiten als auch gegen politische Schubladen oder journalistische Aufklärung. Böttiger rekonstruiert in seiner Lektüre, dass es Handke stattdessen darum gehe, in der Literatur das Unergründliche, Ungewisse, Mehrdeutige zu verteidigen und die flüchtige Gestalt des Augenblicks mit immer neuen Wortkreationen einzufangen. Die kommentierende Einordnung politischer oder privater Ereignisse sei dezidiert nicht Handkes Anliegen. Aus Böttigers Sicht geht Handke sensibel und aufmerksam ans Werk und bleibt doch "souverän", undurchdringlich und unerbittlich. Der Kritiker kann diesem radikalen und wenig zimperlichen Programm gegen den politischen und privaten Sprachverschleiß insgesamt viel abgewinnen, auch wenn er darin einen gelegentlichen Hang zum Pathos, oder gar eine aggressive, zornige Überempfindlichkeit feststellt. Als Kommentar zur Debatte nach dem Nobelpreis lässt sich die ein oder andere Notiz übrigens auch verstehen, merkt Böttiger abschließend an.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 04.06.2022

Rezensent Helmut Böttiger vergisst nicht die "Epiphanien des Alltags" in Peter Handkes Journalen aus den Jahren 2016-2021. Darüber hinaus bieten ihm die kurzen Notate einen Einblick in Handkes Poetik einer wilden Romantik mit Sinnlichkeit und Aufmerksamkeit fürs Randständige und Nebensächliche, für Außenseiter und Sonderlinge. Handkes mitunter zorniges Angehen gegen den Terror der Genauigkeit und für das Schleierhafte lässt Böttiger erkennen: Hier schreibt einer nicht gegen die Gegenwart, sondern auf der dauernden Suche nach neuen Wörtern für sie. Privates und Politisches suche der Leser hier besser gar nicht erst, rät der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 29.04.2022

Rezensent Jörg Magenau empfiehlt das Buch von Peter Handke eingefleischten Fans. Mit Handke denkend, redend und schreibend die Welt erfahren, scheint ihm durchaus faszinierend, vorausgesetzt der Leser gibt sich mit dem Übungscharakter und dem Unfertigen der hier versammelten Tagebuchnotizen aus den Jahren 2016-2021 zufrieden, so Magenau. Wie der Autor im Selbstgespräch, im Aphorismus Stimmungen, Schmerz, Wut, Trauer  etc. festhält und transzendiert, ist für Magenau "Wortarbeit" im besten Sinne. Handkes Übungen zu Beiworten und Verben scheinen ihm nachahmenswert, auch wenn man nicht alles lesen muss, was hier festgehalten ist, schon gar nicht chronologisch, so der Rezensent. Einen editorischen Anmerkungsteil vermisst Magenau.