Philipp Felsch

Der Philosoph

Habermas und wir
Cover: Der Philosoph
Propyläen Verlag, Berlin 2024
ISBN 9783549100707
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Solange Philipp Felsch zurückdenken kann, war Jürgen Habermas around: als mahnende Stimme der Vernunft, als Stichwortgeber der Erinnerungskultur, als Sohn der Nachbarn seiner Großeltern in Gummersbach.Neigt sich die intellektuelle Lufthoheit des Philosophen heute ihrem Ende zu, oder bekommen seine Ideen in der Krise unserer "Zeitenwende" neue Brisanz?Felsch liest in einem kaum zu überblickenden Oeuvre nach, folgt dessen Autor in die intellektuelle Kampfzone der Bundesrepublik und fährt nach Starnberg, um Habermas zum Tee zu treffen. Dabei entsteht nicht nur das Porträt eines faszinierend widersprüchlichen Denkers, sondern auch der Epoche, der er sein Gesicht verliehen hat.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.04.2024

Dass sich hinter der akademischen Fassade und der abstrakten Sprache von Jürgen Habermas ein überraschend energetischer, auch wütender Mann verbirgt, kann Rezensent Thomas Ribi in Philipp Felschs Biografie über den Philosophen nachlesen. Unter den Akademikern ist Habermas eventuell der "akademischste", meint Ribi, aber hier begegnet er ihm viel mehr als "Citoyen im Sinne der Aufklärung", als engagierter Intellektueller, der nie aufhörte, sich politisch zu engagieren und dabei auch gegen den Strom zu schwimmen. Durch seine Kritik an Heidegger zu Bekanntheit gelangt, stellte sich der Philosoph später gegen die Studentenbewegung um Rudi Dutschke, weiß Ribi, was ihm in der linken Szene keinen guten Ruf einbrachte - gerne liest der Rezensent in diesem "bemerkenswerten" Buch von einem ungewöhnlich zornigen Habermas.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2024

Elegant und leichtfüßig, treff- und stilsicher erscheint Rezensent Mark Siemons das Buch des Kulturwissenschaftlers Philipp Felsch über Jürgen Habermas und seine Zeit. Keine Homestory (auch wenn Felsch bei Habermas auf dem Sofa sitzt), keine Biografie und keine philosophische Darstellung ist es laut Siemons geworden, sondern ein Buch, das Habermas' katalysierende Funktion hinsichtlich westdeutscher Stimmungen nachspürt, indem es Texte, Interviews und Dokumente auf ihre historischen Umstände hin abklopft und auf ihr zeitgenössisches, spödes Vokabular. Dass sich Habermas' Texte als dauerhafter erweisen als ihre Zeitumstände, daran hat der Rezensent spätestens nach dieser Lektüre keinen Zweifel mehr.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.03.2024

Sowas gibt es - ein Buch über Jürgen Habermas, das sich flott lesen lässt? Gibt es, ruft Rezensent Jens-Christian Rabe und verteidigt diese Leichtigkeit mit Verve und Überzeugungskraft gegen bereits erhobene Vorwürfe der Oberflächlichkeit. Autor Philipp Felsch ist Kulturwissenschaftler, er hat die trockenen Wälzer Habermas' durchaus gelesen, aber er ist - und dafür schätzt ihn Rabe - auch ehrlich genug, sie bis heute und trotz angestrengter Verdauungsarbeit "entmutigend unzugänglich" zu finden. Also porträtiert er Habermas, der ja auch dem Publikum vor allem für seine publizistischen Interventionen und teils grandiosen Begriffsprägungen ("Verfassungspatriotismus", "herrschaftsfreier Diskurs", "zwangloser Zwang des besseren Arguments") berühmt ist, im Stil amerikanischer Magazine, schildert die Atmosphäre in Habermas' Bungalow am Starnberger See und hat auch einen Blick übrig für die blitzenden Reeboks an den Füßen des agilen Greises. Es ist also ein erstaunlicher Widerspruch, den Rabe hier mit Felsch festhält: Einerseits hat Habermas als Gelehrter durch ungeheure Lese- und Paraphrasierwut sozusagen die ganze Philosophie durch seine Person recycelt, auch irgendwie um den Ballast der Geschichte abzuwerfen, und das so Verarbeitete neu dastehen zu lassen. Andererseits war er immer auch ein "Mann der Stunde". Nur jetzt nicht mehr. Fast mitleidig erzählt Rabe nach, wie Felsch Habermas' Verzweiflung angesichts der schlechten Resonanz auf seine Ukraine-Interventionen schildert. Noch nie sei er so missverstanden worden, klage Habermas in Felschs Buch. Wie könne man sich nicht nach einem Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung sehnen. Und da fragt man sich, was genau der große Mann aus der Geschichte gelernt hat.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 16.03.2024

Das Buch hat gegenüber Habermas' eigenen Wälzern schon mal den Vorteil der Kürze: 22 glänzend geschriebene Kurzkapitel verspricht Rezensentin Marianne Lieder, und die scheinen sogar so glänzend zu sein, dass sie Felschs Buch am Ende doch zu kurz findet: Gerade zu den Auseinandersetzungen zwischen Habermas und Foucault und Habermas und Derrida hätte sie gern mehr Futter gehabt. Dennoch: Für Lieder hat Felschs Buch, anders als Stefan Müller-Doohms monumentale, aber trockene Biografie, durchaus Swing. Die 68er-Zeit, der Deutsche Herbst, der Historikerstreit und Habermas' Rolle darin: alles sehr lebendig, so die Rezensentin. Und dann kriegt Felsch es auch noch hin, den berüchtigten Nominalstil Habermas' als den eigentlichen - von den Postmodernisten herbeigesehnten - "Tod des Autors" zu verkaufen!

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.03.2024

Der hier rezensierende Rechtswissenschaftler Florian Meinel muss einige wohl beim Tee im Starnberger Philosophen-Haus entstandende Klischees beiseiteräumen in Philipp Felschs Habermas-Buch, um zum Interessanten vorzustoßen, als da wären: Eine urteilsfreie Rekonstruktion der philosophischen und politischen Debatten der alten BRD, eine Familienaufstellung einstiger Habermas-Kritiker sowie die Dokumentation von Habermas' Aufstieg zum "Philosophieunternehmer" und dessen Debattenenergie. Abgesehen von einer "anbiedernden Rahmenhandlung" ein kluges, unterhaltsames Buch, urteilt Meinel.
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