Ricarda Junge

Kein fremdes Land

Roman
Cover: Kein fremdes Land
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 9783100393258
Gebunden, 281 Seiten, 15,00 EUR

Klappentext

Das Leben ist ein Spiel aus Nähe und Kälte, Sehnsucht und Angst. Aber manchmal, mit etwas Glück, gelingt es, dem anderen nahe zu kommen, so weit er auch entfernt zu sein scheint. Tom ist in Deutschland aufgewachsen und lebt seit einigen Jahren in den USA. Er arbeitet für die 'Philadelphia Daily News' und muss über eine Reihe unerklärlicher Selbstmorde schreiben. Seine Freundin Teresa ist Lehrerin an einer Highschool und kämpft mit den Folgen eines Attentats. Der Umzug in einen beschaulichen Vorort Philadelphias soll für beide ein Neunanfang sein. Aber die Idylle trügt - was anfangs nur ein Gefühl der Unsicherheit ist, wird bald zu einer realen Bedrohung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.08.2005

Bis auf die Kritik am allzu "symbolischen" Schluss erntet Ricarda Junges Romandebut beim Rezensenten viel Lob und Begeisterung. Die Autorin erzählt in ihrer Geschichte, die in Philadelphia während des ersten Golfkrieges spielt, in "schnörkellosen Dialogen" von den "Verknotungen des Schreckens", so der Rezensent. Tom, ein junger Mann, lebt mit einer Lehrerin zusammen, die permanent Gewalttätigkeiten von Schülern ausgesetzt ist. Dann lernt er eine Schülerin kennen, die ihrerseits von einem autoritär-moralischen Erziehungssystem drangsaliert werde. Ringsum, so Rezensent Rainer Motz, begingen junge Frauen Selbstmord, und der Held recherchiere bei Gelegenheit für eine Tageszeitung die Hintergründe. Die Autorin schaffe es, so Motz, diese schrecklich alltäglichen Szenarien zu erzählen, ohne sie zu kommentieren. Und das mache sowohl die Kraft als auch die Qualität des Romans aus.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 19.07.2005

Sympathie bekundet Meike Fessmann für Ricarda Junges Roman "Kein fremdes Land" - auch wenn sie die Schwächen des Buchs nicht verschweigt. Zu erkennen gibt sie jedenfalls, dass die 1979 geborene Autorin Potenzial hat. Die Sätze, die Junge schreibt, erscheinen Fessmann zwar noch immer - wie in ihrem Erzählungsband "Silberfaden" - "denkbar schlicht". Die Romanform zwinge die Autorin aber zu mehr "gestalterischer Disziplin". Und das wirkt sich zur Freude Fessmanns positiv auf das Buch aus. Der um das Thema Erziehung kreisende Roman handelt Fessmann zufolge von den fatalen Folgen eines Liberalismus, "der sich nur noch ökonomisch denken lässt, weil sein Freiheitsversprechen in allen anderen Bereichen menschlichen Zusammenlebens aufgezehrt ist". Junge erzähle davon, ohne es ausdrücklich zu thematisieren, indem sie eindrückliche Bilder und Szenen dafür finde.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 16.07.2005

Entnervt und trotzdem gründlich legt der Rezensent Gustav Mechlenburg dar, weshalb er Ricarda Junges Debüt-Roman seine Gunst verwehrt. "Kein fremdes Land" handelt vom Exil im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, doch nicht nur von dem der Emigranten, sondern auch von dem der Einheimischen. Junges Figuren werden alle von einer "verzweifelten Machtlosigkeit" heimgesucht, von der Unmöglichkeit, das Leben selbst in die Hand zu nehmen, von einem "Fatalismus" der ständigen Überforderung. Dieses monotone Scheitern, so der Rezensent, erzeugt bei den Figuren einen solchen Grad der Frustration, dass sie ihre eigene Sensibilität als Last empfinden und verteufeln, anstatt aus ihr die Kraft zum Handeln zu schöpfen. Für diese "postpubertären Probleme" kann sich der Rezensent beim besten Willen nicht erwärmen. Schon gar nicht, da Junges "steifbeinige" und "gleich bleibend lapidare Berichterstattung" keine Komplexität zu schaffen vermag, wodurch der Roman zur unerträglichen "tragischen Attitüde" gerinne.