Robert Gernhardt

Denken wir uns

Cover: Denken wir uns
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2007
ISBN 9783100255105
Gebunden, 240 Seiten, 18,90 EUR

Klappentext

Der Dichter und Denkspieler Robert Gernhardt lädt den Leser noch einmal in die von ihm ver- und bedichtete Welt ein: in den verschatteten Lesesaal einer toskanischen Abtei nahe Montaio, ans Weltgericht, vor dem Norbert Gamsbart Rede und Antwort stehen muss, in Jan Vermeers Atelier nach Delft und immer wieder in die Mainmetropole, in die Runde dreier Freunde, die sich mit Geschichtsrosinen aus dem Lebenskuchen zu überbieten versuchen. Vor allem aber ist dieser Band eine letzte Hommage des Dichters an seine Leser: "Denken wir uns euch, das Salz der Erde nicht nur, sondern den Dünger jedweder Kunst. An wen wollten wir uns denn wenden, wenn es euch nicht gäbe?"

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.07.2007

"Und wieder, wie wenn er noch lebte, beschenkt uns Robert Gernhardt mit einem neuen Buch", jubelt Rezensent Dieter Hildebrandt über diese nachgelassenen Geschichten. Zum allergrößten Rezensentenglück beginnt das Buch "hochliterarisch" mit einer Hommage an Randfiguren aus Texten von Kafka und Borges. Begeistert schaukelt der Rezensent dann auch mit dem Dichter in den Wellen aus "Der alte Mann und das Meer" mit. Was für ein "melancholischer und hellwacher Balanceakt" aus Ernst und Unernst, Witz und Aberwitz, lobpreist Hildebrandt, der als Hintergrund der Geschichten oft die Toskana, das "Arkadien" der Achtundsechziger-Generation ausmachen kann.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.07.2007

Hauke Hückstädt ist leicht enttäuscht von diesem letzten Erzählband Robert Gernhardts. Zwar preist er dessen Gesamtwerk und erinnert daran, wie viel Mühe es den Autor zu Unrecht kostete, "wenigstens als Halbmitglied im Schwergewichtsliteraturzirkus" aufgenommen zu werden - obwohl ihm eigentlich "Denkmäler gebühren für seine Verdienste um die Lesefreude." Doch den jetzt vorliegenden Erzählband findet der Rezensent nicht richtig geglückt. Das liegt zum einen daran, dass Gernhardts Erzählduktus etwas zu "betulich" und die Effekte etwas zu kalkuliert daherkommen. In der Summe wirken die Erzählungen seiner Meinung nach einfach ein bisschen zu wenig "gewagt".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.06.2007

"Aufs Schönste" unterhalten fühlt sich Martin Krumbholz von Robert Gernhardts Erzählungen im Band "Denken wir uns". Die Erzählungen aus dem Nachlass speisen sich aus den verschiedensten Quellen und spielen sich an den unterschiedlichsten Schauplätzen ab, wie der Referent berichtet. Gemeinsam ist ihnen jedoch stets die Verbindung von Poesie und Lebensfreude sowie Gernhardts treffsichere Pointen, begeistert sich der Rezensent. Großen Gefallen findet Martin Krumbholz auch an dem alle Erzählungen verbindenden Anfangssatz "Denken wir uns", der gegenüber dem in die Vergangenheit gerichteten, konventionellen "Es war einmal" einen unabhängigen Phantasieraum entwirft. Darin besteht nach Meinung des Rezensenten die große Stärke von Gernhardts Erzählungen: Einen "Erfahrungsschatz zu bergen" und zugleich Spielräume der Imagination zu schaffen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.04.2007

Es ist in diesem postum erschienenen Band, so Christoph Haas, gewiss kein neuer Gernhardt zu entdecken. Themen und Formen sind aus dem bisherigen Werk wohl vertraut. Dennoch aber lohne es sich, diese "Reprisen" zu lesen. Was Gernhardt zuvor nämlich in Gestalt von Roman ("Ich Ich Ich") oder Erzählungen ("Glück Glanz Ruhm") verhandelt habe - Fragen nach der Aufgabe des Dichters und der Dauer seines Werks -, sei hier zu kurzen und kurzweiligen Texten "verknappt". Ob diese freilich eher als essayistisch oder erzählerisch zu betrachten sind, das bleibt, so Haas, programmatisch unklar und offen - man müsse dies aber als Hinweis darauf nehmen, dass sie Gernhardt wichtiger waren als sie der Leichtigkeit des Tons nach scheinen. Der Begeisterung des Rezensenten tut diese Unklarheit auch keinerlei Abbruch. Zwar gebe es "ambitioniertere" Werke des  Autors, "vergnüglichere" aber nicht.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2007

Unzweifelhaft ist der Rezensent Friedmar Apel ein großer Freund des Dichters Robert Gernhardt, um dessen letztes noch von eigener Hand zusammengestelltes, nun postum erscheinendes Werk es sich handelt. Und ebenso fraglos ist der Ton der Besprechung freundlich und von Respekt bestimmt. Gegen die von Gernhardt gewählte, aber in den einzelnen Texten stark variierte Form des "Gedankenspiels" hat Apel nichts einzuwenden. Und einige der als "Erzählungen" nicht ganz korrekt bezeichneten Texte findet Apel sehr schön, etwa das "Meisterstück" mit dem Titel "Pennelino", eine in der Toskana angesiedelte "Künstlernovelle" von "raffinierter Naivität". Gerade der oft nicht zu übersehende autobiografische Anteil hat den Rezensenten gelegentlich aber "peinlich berührt", etwa wenn Gernhardts Gefühl, vielleicht doch nicht genug Ruhm abbekommen zu haben, zwischen den Zeilen allzu deutlich wird. Insgesamt aber handelt es sich für Apel doch um einen würdigen Abschied, ein "Trost- und Erbauungsbüchlein" der gelungenen Art.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.03.2007

Michael Rutschky schickt angesichts des postum erschienenen Bandes mit Prosatexten dem letztes Jahr verstorbenen Robert Gernhardt einen Nachruf hinterher, in dem er ihn zu einem der bedeutendsten Schriftsteller unserer Zeit ausruft. Hinter spaßigen Preisungen und lustigen Anspielungen spürt man die innere Bewegung, mit der sich der Rezensent vom Autor verabschiedet, und wenn er diesem letzten Prosaband auch nicht die gleiche Bedeutung beimessen will wie den mittlerweile geradezu "klassischen" früheren Werken Gernhardts, so preist er auch hier die gelungene Anverwandlung überlieferter Formen und den Ideenreichtum, der sich den Lesern wieder einmal offenbart.