Serhii Plokhy

Das Tor Europas

Die Geschichte der Ukraine
Cover: Das Tor Europas
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2022
ISBN 9783455015263
Gebunden, 560 Seiten, 30,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Anselm Bühling und anderen. Mit dem Ukraine-Krieg hat eine neue Zeitrechnung in Europa begonnen. Im Kern geht es in dem Konflikt um die Geschichtsdeutung eines riesigen Landes, das jahrhundertelang Zankapfel der Großmächte war: Es gilt als Wiege der Russen und war mythischer Ort für die alten Griechen, Wikinger und Mongolen beherrschten das heute Staatsgebiet ebenso wie Österreich-Ungarn, Polen und die Sowjets, die erst mit dem "Holodomor", dem grausamen Aushungern der Bevölkerung, den ukrainischen Widerstand brechen konnten. Dass die Ukrainer ein Volk mit eigener Sprache, Tradition und Geschichte sind, zeigt der Harvard-Professor Serhii Plokhy so deutlich wie fundiert und eloquent. Das Tor Europas ist das vielleicht wichtigste Buch zum Verständnis der Hintergründe des aktuellen Konflikts. Es zeigt, wie die Ukraine zum Spielball zwischen Ost und West wurde und dennoch stets seine eigene Identität bewahrte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.12.2022

Besonders vor dem Hintergrund des immer noch imperial geprägten deutschen Blicks auf Osteuropa im Allgemeinen und die Ukraine im Speziellen wünscht Rezensent Kai Struve dem Buch von Serhii Plokhy eine große Leserschaft. Denn der Direktor des Harvard Ukrainian Research Institute entfaltet in seinem Buch ausführlich die Geschichte der Ukraine, die dann auch Struve recht ausführlich zusammenfasst: Beginnend im 5. Jahrhundert vor Christus wird die Geschichte des ukrainischen Gebiets über verschiedene Etappen wie die Kiewer Rus und ihre Christianisierung im 10. Jahrhundert, die Mongolenherrschaft zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert, das Kosaken-Hetmanat ab dem 17. Jahrhundert bis hin zu Putins Angriffskrieg dargelegt, so Struve; das letzte Kapitel über die Phase ab 1991 habe Plokhy gegenüber der Originalausgabe von 2015 nun aber noch erweitert. Bemerkenswert an Plokhys Studie sei dabei vor allem die Datierung der "Entstehung" der Ukraine nicht auf die Kiewer Rus oder die Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts, sondern auf die "Integration von Teilen der Rus' in den polnisch-litauischen Staat" zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert. Ein wertvolles Buch, um die eigene Perspektive auf die Ukraine und Russland zu schärfen, findet Struve.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.11.2022

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt in den Augen von Rezensent Ulrich M. Schmid, "dass eine aggressive historische Deutung zu Tod, Zerstörung und Flucht führen kann". Der ukrainisch-amerikanische Historiker Serhii Plokhy überzeugt und beeindruckt daher Schmid, der die zwar nicht neuen, aber nun ins Deutsche übersetzten Texte gelesen und offensichtlich dabei viel dazugelernt hat. Schmid referiert in weiten Teilen seiner Rezension die ukrainische Geschichte, wie Plokhy sie in "Das Tor Europas" beschreibt: Von den Skythen über die Kiewer Rus bis zum Euromaidan. Wie Schmid feststellt, interessiert sich auch Plokhy für die großen Zusammenhänge der osteuropäischen Geschichte, das Verhältnis von Staat und Gesellschaft, Religion und Nationen. Für Schmid gelingt Plokhy mit seinem Ritt de force auf 588 Seiten ein "differenziertes und unaufgeregtes" Bild der ukrainischen Geschichte, ohne zu beschönigen oder zu pauschalisieren.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.10.2022

Rezensent Thomas Speckmann bespricht eine Reihe historischer Neuerscheinungen zur Ukraine. Serhii Plokhy, Professor in Harvard, legt dabei gleich zwei wichtige Bücher vor. Neben der aktuellen Schrift "Die Frontlinie", empfiehlt der Rezensent dabei "Das Tor Europas" als absolutes Standardwerk zur Geschichte der Ukraine. Bis in die Antike greife der Autor zurück und schildere die Ukraine als ein Gebiet, das stets im Spannungsfeld unterschiedlicher Großmächte gestanden hätte. Zugleich gelinge Plokhy die Darstellung "der langen Tradition einer eigenständigen ukrainischen Identität", die sich allerdings - wie im Grunde alle Identitäten - stets im Widerstreit mit den umgebenden Mächten geformt habe.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.10.2022

Als Standardwerk rühmt Rezensent Oliver Schmitt Serhii Plokhys Geschichte der Ukraine, die im amerikanischen Original bereits 2015 erschien und zum großen Bedauern des Rezensenten erst jetzt auf Deutsch. Der in Harvard lehrende Historiker zeichnet darin Entstehung und Selbstbehauptung einer Nation nach, die an der Grenze von Steppe und Agrarlandschaft, Katholizismus und Orthodoxie über die Jahrhunderte hinweg den Imperien zur Beute wurde. Auch dass kaum ein Land im zwanzigsten Jahrhundert solche Verheerungen über sich ergehen lassen musste wie die Ukraine, stellt Plokhy dem Rezensenten zufolge eindrucksvoll dar: die von Stalin herbeigeführte Hungersnot, Zweite Weltkrieg, der Holocaust. Dass die deutsche Übersetzung ukrainische Ortsnamen verwendet, findet Schmitt sinnvoll, nur den Kartenteil findet er etwas lieblos gestaltet.
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