Sybille Buske

Fräulein Mutter und ihr Bastard

Eine Geschichte der Unehelichkeit in Deutschland 1900 bis 1970
Cover: Fräulein Mutter und ihr Bastard
Wallstein Verlag, Göttingen 2004
ISBN 9783892447504
Gebunden, 310 Seiten, 40,00 EUR

Klappentext

Sie wurden als "Bastard", "Bankert" oder "Hurenkind" beschimpft: Uneheliche Kinder. Sie und ihre Mütter waren in der deutschen Gesellschaft über einen langen Zeitraum hinweg geächtet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Unehelichkeit vornehmlich mit Armut, Kriminalität und Verwahrlosung in Verbindung gebracht. Uneheliche Kinder erschienen als eine sittliche Gefährdung der bürgerlichen Familie, ja sogar als existentielle Bedrohung der Gesellschaft. Sybille Buske untersucht die rechtliche und gesellschaftliche Stellung nichtehelicher Kinder und ihrer Eltern vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik. Die sechziger Jahre erfahren dabei besondere Beachtung, denn dieses Jahrzehnt brachte tiefgreifende Um- und Aufbrüche: Nach zähem politischem Ringen wurde die Reform des Unehelichenrechts auf den Weg gebracht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.04.2005

Reges Interesse zeigt der Rezensent Frank Lübberding an Sybille Buskes historischer Studie "Fräulein Mutter und ihr Bastard", in der sie die Sozialgeschichte der lange stigmatisierten Unehelichkeit im Lichte des "Wandels des Unehelichenrechts in Deutschland von 1900 bis 1970" untersucht. Dabei, so der Rezensent, spielt der Begriff der Sittlichkeit eine zentrale Rolle, insofern als die Sittlichkeit "ein wichtiges soziales Distinktionsprinzip" darstellt, das das "bürgerliche Subjekt" zum "Maßstab des Normalen" macht und dementsprechend Ausgrenzungen vornimmt. Buske räume nicht nur mit dem ein oder anderen Klischee auf, sie zeige auch, wie die Anerkennung der schwierigen Lage, in der sich die nicht geehelichten Mütter und ihre Kinder befinden, und die entsprechenden institutionellen Bemühungen (etwa die Schaffung von Heimen) die soziale Wahrnehmung der Unehelichen nicht grundlegend verändern, insofern sie das Stigma der Unsittlichkeit nicht aufheben. Erst mit dem "Demokratisierungsdiskurs", der die Sittlichkeitsdebatte Ende der Fünfziger Jahre abgelöst habe, behaupte Buske, seien "die großen Familienrechtsreformen der Siebzigerjahre" möglich geworden. Besonders bemerkenswert findet der Rezensent die Art und Weise, in der Buske zeigt, "wie Diskurse die Wahrnehmung sozialer Konflikte prägen können - und eben nicht nur die Folge ökonomischer Bedingungen sind". Und obgleich historisch besitze Buskes Buch auch aktuelle Relevanz. In der Tat sei die aktuelle Armutsdebatte zu einer Armendebatte geworden, in der die Sittlichkeit insofern wieder als Begriff eingeführt werde, als die Armut für selbstverschuldet und somit für eine persönliche Verfehlung erklärt werde. Der Rezensent empfiehlt hier die heilende Wirkung der Diskurskritik, wie sie dieses Buch betreibt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.06.2004

Zwar lasse die "Fülle des Materials" zuweilen Fragen offen - dennoch schätzt Dorion Weickmann Sybille Buskes Studie über uneheliche Kinder in Deutschland, "Fräulein Mutter und ihr Bastard", als verdienstvoll ein. Da die deutsche Statistik für das Jahr 2002 "rund 25 Prozent Neugeborene" von unverheirateten Eltern ausgewiesen habe, liege Buskes Untersuchung voll im Trend. Auch sei damit eine Forschungslücke geschlossen. Nachgezeichnet werde der lange Weg von der "Sittlichkeitstäterin" zum gesellschaftlichen "Opfer", dessen Endpunkt von der Fernsehansagerin Petra Schürmann markiert worden sei, als sie sagte: "Jede Frau - auch wenn sie keinen Ehering trägt - hat das Recht auf ein Kind." Das "Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder" von 1969, so Weickmann, dokumentierte juristisch den Zeitenwandel. Auch gesellschaftlich sei dieser jedoch greifbar: Habe sich in der Gestalt der "Bastarde" anfangs all das gebündelt, was das konservative Lager an der Moderne verabscheute - "unkontrollierte Sexualität, Unsittlichkeit, Verwahrlosung und Kriminalität" -, so habe der Kanzlerkandidat Edmund Stoiber in sein Kompetenzteam als - ausgerechnet - Familienexpertin Katharina Reiche berufen, "ohne Trauschein und schwanger mit dem zweiten Kind".
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