Uwe Wesel

Die verspielte Revolution

1968 und die Folgen
Cover: Die verspielte Revolution
Karl Blessing Verlag, München 2002
ISBN 9783896671905
Gebunden, 350 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Ein Foto dokumentiert den Beginn der Unruhen an deutschen Hochschulen: Zwei Studenten tragen vor Professoren in vollem Ornat ein Plakat: "Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren." Die Akteure dieser revolutionären Bewegung sind als 68er in lebhafter Erinnerung. Uwe Wesel, der als Vizepräsident der FU Berlin die Auseinandersetzungen an dieser Universität hautnah miterlebte, schildert mitreißend, aber auch mit ironischem Abstand das hektische Geschehen jener Jahre und analysiert, welche Auswirkungen diese Revolution auf die deutsche Politik bis heute hat.

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

"Die verspielte Revolution" ist der Titel von Uwe Wesels Buch über 1968 und die Folgen. Ein hübsches Wortspiel. Denn verspielt war 1968 und verspielt wurde es wahrscheinlich auch. Aber lange nicht so widerstandslos wie Uwe Wesel sein Buch verspielt hat. Wer ihn als klugen, ebenso sehr zur Selbststilisierung wie zur Selbstironisierung neigenden Zeitgenossen kennt und bewundert, der sollte diesem Buch aus dem Wege gehen. Es verplaudert sein Thema...
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.01.2003

Natürlich ist über 68 schon alles geschrieben, gesagt, gehört worden, meint Rezensent Stefan Reinecke. Bei allen im Moment aufflackernden Abrechnungsversuchen mit den Revolution spielenden Rebellen herrsche längst Common sense darüber, so Reinecke, dass mit 68 der "Geist des Egalitären und Liberalen" unwiderruflich in die deutsche Gesellschaft eingesickert ist. Grundlegend Neues oder extravagante Deutungen wird man daher vergebens in diesem Buch suchen, meint Reinecke, der dies aber auch gar nicht vermisst. Ihn hat die Perspektive beeindruckt, von der aus Wesel erzählt: die des interessierten Zuschauers, der mit der Bewegung sympathisiert, "ohne ihre Hybris zu teilen". Dabei mische sich den großen Erzählungen über die Revolte ein neuer "freundlicher" Ton bei, ironische Distanz und Sinn für Pointen. Mehr davon und mehr Leute wie Uwe Wesel, meint Reinecke, hätten vielleicht die eiserne Mechanik der damaligen Auseinandersetzungen durchbrechen können. So hat Wesel mit "Die verspielte Revolution" nicht unbedingt ein notwendiges Buch geschrieben, schließt Reinecke, aber doch ein lesenswertes.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 09.10.2002

Johano Strasser ist recht erleichtert, dass der Autor in seinem Buch über die 68er Studentenrevolte ohne jegliche "Abschwör-Rituale" und auch ohne "nachträgliche Rechthaberei" auskommt. Der Rezensent lobt die entspannte Haltung Wesels bei seinen Ausführungen und findet es bemerkenswert, dass er auch die "komischen Aspekte" der Studentenbewegung nicht übersieht. Wesel schildere ohne jegliches "Veteranengeschwätz" Entwicklung, Ziele und Folgen der 68er, wobei er weder ihre "Erfolge" noch ihre "Torheiten" verschweige. Am Ende der Überlegungen Wesels steht das für manche überraschende Fazit, dass die Bewegung durchaus einen positiven "Modernitätsschub" für die Bundesrepublik geleistet hat, wie der Rezensent informiert. Wesel weise außerdem "sehr genau" nach, dass nicht zuletzt die harten Reaktionen auf die Studentenbewegung zur Eskalation der Gewalt und zum Abgleiten in den Terrorismus geführt haben. Und wenn auch nicht jeder die Schlussfolgerungen des Autors teilen wird, so bleibt die Lektüre trotzdem ein "Gewinn", lobt der Rezensent, der nicht nur von der "verständlichen Sprache" sondern vor allem von der "Fairness" des Autors sehr angetan ist.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.10.2002

Eine "temperamentvolle Chronik der 68-Revolte" erblickt Ernst Elitz in Uwe Wesels biografisch angehauchtem Buch "Die verspielte Revolution". Wie Elitz ausführt, verknüpft der Universitätsprofessor, der zwischen 1969 und 1973 Vizepräsident der Freien Universität Berlin und damit im Zentrum des Geschehens war, die Geschichte der 68er-Bewegung mit persönlichen Reminiszenzen. Er beschreibe, wie sich aus den verhärteten Fronten zwischen den Generationen eine Revolte speiste, die im blutigen Terror der RAF einerseits, in einer allgemeinen Entspannung der von "Denkverboten gelähmten Nachkriegsgesellschaft" andererseits mündete. Für die deutsche Studentenbewegung zieht er dabei ein im Vergleich zu den Hochschulunruhen in den USA und Frankreich eher ernüchterndes Fazit, hält der Rezensent fest. Vor allem die authentischen Schilderungen Wesels - er war mit Akteuren beider Seiten vertraut, kannte Rudi Dutschke, Hans-Jürgen Krahl und Horst Mahler wie auch die "verkniffenen" Professoren der FU - machen für Elitz den Reiz des Buches aus. Dabei wahre Wesel stets eine "amüsierte Distanz". Diese macht sein Buch, lobt Elitz, "zu einer lehrreichen und zugleich vergnüglichen Lektüre über eine nicht immer vergnügliche, doch folgenreiche Zeit".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.09.2002

Rainer Hoffmann ist höchst unzufrieden mit Uwe Wesels Werk über die 68er Revolte. In Anspielung an den Titel ("Die verspielte Revolution") zeigt er sich versucht, "zu sagen, der Autor habe eine Chance verspielt." Die Chance nämlich, eine umfassende und detaillierte Darstellung und Analyse der von '68 und den Folgen zu geben. Angesichts der "stil- und gedankenlosen Passagen" des Werkes wirft er gar die Frage auf, "ob Wesel die Chance überhaupt wahrnehmen wollte." Als Vizepräsident der Freien Universität Berlin von 1969 bis 1973 befand sich Wesel in einem Zentrum der revolutionären Ereignisse, im "Hexenkessel der Studentenrevolte", weiß der Rezensent. Aus eigener Erfahrung berichte er dann auch, so Hoffman, "wenn er die bewegten Jahre der Revolte mit all ihren nicht nur deutschen Schauplätzen, zahlreichen Akteuren und unterschiedlichen Phasen extensiv Revue passieren lässt." Für Wesels "bewusst umgangssprachlich flapsig-forsche Diktion" kann er nicht wirklich erwärmen. Überhaupt, findet Hoffmann, habe sich Wesel für die notwendige formale, aber auch inhaltliche Arbeit am Thema zu wenig Zeit genommen.