Adolf Muschg

Kinderhochzeit

Roman
Cover: Kinderhochzeit
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008
ISBN 9783518420324
Gebunden, 580 Seiten, 24,80 EUR

Klappentext

Klaus Marbach und seine Frau, die Juristin Manon de Montmollin, haben sich in der Arbeit am sogenannten Bergier-Bericht über die Schweizer Neutralitätspolitik im Zweiten Weltkrieg kennengelernt. Als sie sich trennen, setzt er seine Recherche im badischen Nieburg, im Herzen des Bühlerschen Aluminium-Imperiums, auf eigene Faust fort: "Das Böse in Nieburg, ich möchte wissen, wo es herkam und wie man ihm widersteht." Lange merkt Marbach nicht, dass er ausgezogen ist, das Fürchten zu lernen. Denn die Verstrickung der Kriegsgeneration und diejenige ihrer Nachkommen wird zu seiner eigenen. Es ist Imogen Selber-Weiland, die letzte der Bühler-Dynastie und Alleinerbin, die seine Nachforschungen protegiert und sich seiner Fantasie zunehmend bemächtigt. Bald gerät Marbach auch auf die Spur ihrer ehelichen Verbindung mit dem auf geheimnisvolle Weise abwesenden genialischen Schriftsteller Iring Selber...

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.02.2009

Burkhard Müller sagt es nirgendwo direkt, aber mit Adolf Muschgs jüngstem Roman scheint er sich gelangweilt zu haben. Dabei fehlt es in diesem Buch nicht an bewegten Handlungsmotiven, stellt der Rezensent klar: In der Geschichte um ein Schweizerisch-deutsches Unternehmen, eine millionenschwere Firmenerbin, ihren nichtsnutzigen Ehemann und einen Berliner Historiker, der die Firmengeschichte in der NS-Zeit erkunden will, wird Intrige, eine Gruppenvergewaltigung, eine Tötung auf Verlangen und noch so manches andere aufgefahren. Laut Rezensent schlummert all dies aber im Hintergrund und wird von behäbigen Dialogen verdeckt, die zwar durchaus reizvoll "Lokalkolorit" verströmen, die Handlung aber nicht gerade vorantreiben.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2008

Nicht wirklich schlau ist Rezensent Dieter Borchmeyer aus dem neuen Buch von Adolf Muschg geworden. Aufklärungsroman? Aufhellung der unbewältigten Vergangenheit? Oder wolle Muschg am Ende seinen Lesern andeuten, worin wahre Poesie bestehe? Der Roman habe in seiner ?an Episoden überquellenden Handlung? nur wenige Grundlinien. Der Rezensent versucht, einige dieser Linien nachzuzeichnen: die Geschichte vom Kommissar, der den Mord an einer Millionärin aufklären soll und die ihres Großvaters, eines Schweizer Aluminiumfabrikanten. Dann komme noch ein Privatgelehrter dazu, der die Schweizer Neutralitätspolitik während des Zweiten Weltkrieges aufarbeite. Und das rätselhafte Foto einer Kinderhochzeit bei einem Festumzug im Jahr 1949. Aber so recht fügt sich für Borchmeyer, der zwar zwei kleine Shakespeare-Essays im Text brillant findet und auch sonst auf immer wieder aufschlussreiche Exkurse trifft, insgesamt nichts zusammen und am Ende zuckt er die Achseln, denn aus seiner Sicht bleiben die Zeichen des Romans blind.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2008

Vierzig ist Klaus Marbach, ehemals Mitglied der Schweizer Armee, nun Geschichtsstudent, als seine Frau ihm eröffnet, sie werde sich von ihm trennen - wegen einer anderen Frau. Dieser Schock wirft Marbach aus der Bahn und weit zurück führt der Weg ihn und den Leser des Romans, in die Geschichte des 20. Jahrhunderts, auf die Spuren der Nationalsozialisten. Es stellt sich aber bald heraus, so der Rezensent Roman Bucheli, dass die Abgründe, die sich auftun, auch für Klaus Marbach eine "Schmerzzone" sind, in der er einer Figur mit dem sprechenden Namen Iring Selber begegnet. Genauestens komponiert findet Bucheli diesen Roman, der ein "geschlossenes Universum" entwirft und raffiniert verspiegelt, ohne doch darauf zu bestehen, alle Fragen zu klären. "Kühn ausgedacht" sei das und bei aller Präzision und Bewusstheit entstehe doch nie der Eindruck des allzu genau und allzu künstlich Kalkulierten.