Adam Morris

Bird

Kriminalroman
Cover: Bird
Edition Nautilus, Hamburg 2024
ISBN 9783960543404
Kartoniert, 304 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Conny Lösch. Der Kunstlehrer denkt, Carson sei einer der Intelligenteren im Knast, bei der Psychologin weckt er mütterliche Gefühle, der Bewährungshelfer interessiert sich vor allem für die schmuddeligen Details seiner Erzählungen. Immer wieder landet Carson im Bau, wegen Drogengeschichten oder weil er nicht ganz legal an ein Auto gekommen ist. Der Roman folgt dem jungen Noongar Aboriginal auf seinen Wegen im Gefängnis, nach draußen und zurück in die Zelle - ein Kreislauf der Gewalt, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Carsons Geschichte wird dabei nicht von ihm selbst, sondern aus den wechselnden Perspektiven der (zumeist weißen) Menschen erzählt, die ihn umgeben. Ihr Blick, sei er wohlwollend oder gleichgültig, begehrlich oder herablassend, zeichnet Carson als komplexen Charakter, der einem nahekommt und zugleich auf Distanz bleibt - und der längst zum Spielball eines Systems geworden ist, das ihm keine echte Handlungsmacht zugesteht. "Bird" spiegelt im Mikrokosmos des Gefängnissystems die Realität der noch immer zutiefst segregierten, rassistischen Gesellschaft Australiens, in der Freiheit nicht für alle vorgesehen ist.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 19.04.2024

In Adam Morris bemerkenswertem Krimi "Bird" spielt das Abwesende, bewusst Ausgelassene eine ebenso große Rolle wie das Anwesende, stellt Rezensentin Sonja Hartl fest. Wenn Morris von einem jungen Aborigine im Gefängnis erzählt, allerdings immer aus der Perspektive derer, die "draußen" sind, des Kunstlehrers, der Gefängnispsychologin usw., dann tut er dies mit Kalkül. Gerade, indem er seinem Protagonistin keine eigene Stimme verleiht, und auch sonst kaum nicht-weiße Personen zu Wort kommen lässt, schafft er ein eindrückliches, facettenreiches Bild der von Rassismus geprägten australischen Gesellschaft. Und das so mühelos, dass Hartl die Absicht des Romans als Leserin kaum bemerkt. Gespannt folgt sie dem Krimiplot, welcher streng genommen gar kein richtiger Plot ist, eigentlich gibt es überhaupt kaum Handlung in diesem Krimi, keinerlei Ermittlungen, keine Suspense-Momente. Und trotzdem, was für ein Kunststück, entwickelt dieser kurze Roman einen ungemeinen Drive und hinterlässt so bleibenden Eindruck bei der Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.03.2024

Dieser Krimi spielt in einem Gefängnis und der Protagonist Carson steckt in einer "Kriminalitätsdrehtür" fest, hält Rezensentin Sylvia Staude zu Adam Morris' neuem Buch fest: Mal Drogen, mal Sex mit Minderjährigen, von der "schiefen Bahn" kommt er nicht mehr runter. Es gibt im Roman viele verschiedene Blickwinkel, erklärt Staude, so kommen auch Sozialarbeiter und Kunsttherapeuten zu Wort und machen ihr vor allem klar, dass das Gefängnissystem tief rassistisch ist, denn Carson ist Aborigine. In Australien hatte er "nie die gleichen Chancen" wie ein Weißer, und das Gefängnis sorgt nun auch nicht dafür, dass er einen Neustart ermöglicht bekommt, lernt die Kritikerin aus diesem komplexen und sehr menschlichen Buch.