Arnold Thünker

Keiner wird bezahlen

Roman
Cover: Keiner wird bezahlen
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2004
ISBN 9783462033601
Gebunden, 159 Seiten, 16,90 EUR

Klappentext

Ein Nachzügler erobert das Leben: In einem Dorf nahe des Rheins wächst er als jüngster Sohn der Wirtsfamilie heran. Während seine Geschwister bereits ihr eigenes Leben führen, erlebt er das Geschehen im Dorf von seinem Platz hinter dem Tresen. Auf Bierdeckeln lernt er Rechnen, bei Beerdigungsfeiern serviert er den Schnaps zum Streuselkuchen, und nach Schlägereien kümmert er sich um die Verletzten. Der kleine Wirt ist der Vertraute all jener, für die die Wirtschaft ihr Wohnzimmer ist. Eines wird er dabei nicht los - das Gefühl bitterer Einsamkeit und tiefer Sehnsucht. Mit Nadine wird alles anders: Die Frau des neu hinzugezogenen Lehrers macht ihn, den Sechzehnjährigen, zu ihrem Liebhaber. Er gerät in einen Strudel aus Euphorie und Verzweiflung, denn der Betrogene ist sein einziger Vertrauter, ein tatsächlicher Freund, der für ihn da war, als seine Mutter starb ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.11.2004

Arnold Thünker erzählt in seinem Debütroman von einem Dorf in der Eifel, das sich laut Nico Bleutge etwas von der Sammelleidenschaft der Nachkriegszeit bewahrt hat. Dennoch habe Thünker weder eine nüchterne Dorfchronik noch einen wirklich autobiografischen Roman seiner Jugend geschrieben, beteuert Bleutge - sondern irgendetwas dazwischen. Viel ist bei Bleutge von einer Balance zwischen Abstraktion und persönlicher Geschichte die Rede, wofür er Peter Handkes "Erinnerungsanstrengungen" zitiert und die er bei Thünker als "gelassene Genauigkeit" erfahren haben will. Doch nicht immer wolle Thünker die Balance gelingen, gesteht Bleutge ein, manche Passagen drifteten zu sehr ins Persönliche ab, andere seien zu stark kommentierend oder belehrend. Doch fielen diese Ausrutscher nur deshalb so auf, weil Thünker ansonsten seine Sätze so fein austariere und kunstvoll erste amouröse Erlebnisse mit dem Tod der Mutter und dem Niedergang der in Familienbesitz befindlichen Gastwirtschaft verknüpfe.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.05.2004

Recht angetan zeigt sich Christoph Bartmann von Arnold Thünkers linksrheinischer Dorf- und Adoleszenzgeschichte "Keiner wird bezahlen". Mit "prägnanten Milieuschilderungen" und "jeder Menge örtlichem Kolorit" zeichne Thünker das Bild der durch und durch traditionell und katholisch geprägten Welt eines kleinen, nur scheinbar idyllischen Dorfes, in dem in Wahrheit Trunksucht und Inzucht, Lüge und Gewalt regieren. Im Mittelpunkt des Romans stehen die Erinnerungen des Erzählers, der sich nachholend in die "eigenen Regungen als Sechzehnjähriger, in dessen seelische Unordnung" versenkt, berichtet Bartmann. Die Geschichte, die Thünker dabei erzählt, sei eine "vielleicht ganz durchschnittliche deutsche Jungmännergeschichte", hält Bartmann fest. "Aber er erzählt sie mit einer solchen Intensität, ja einer Inbrunst und einem bohrenden Wahrheitswillen, dass ihr Schmerz noch eine Weile im Leser nachwirkt."
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.04.2004

Seinen eigenen Kindheitsroman zu schreiben, ist zur Zeit en vogue, stellt Martin Halter fest und grenzt Arnold Thünkers autobiografisches Romandebüt von jeder "gemütlichen Variante der archivierenden Popliteratur" ab. Zwar habe Thünker einen Pubertätsroman verfasst, der sei jedoch keinesfalls mit netten Playmobilfiguren, Erinnerungen an Schokoriegel und Fernsehserien ausgestattet. Thünkers Kindheit war die Hölle, stellt Halter klar, und wo die Hölle war, konnte kein Paradies sein, aus dem man vertrieben wurde. Thünker, heute Verleger, stammt aus einem kleinen Dorf in der Eifel, der Vater, ein Alkoholiker, betrieb eine Dorfkneipe, die Mutter verstarb früh, die großen Geschwister verdrückten sich, so dass der sich überlassene Junge mehr oder weniger allein die Kneipe schmiss, berichtet Halter. Thünker schildere seine Geschichte völlig unsentimental, in kurzen lapidaren Sätzen, die viel wegließen und nichts verklärten. Die Wut des ausgebeuteten einsamen Kindes ist noch nicht genügend verraucht, stellt Halter mit Hochachtung vor diesem literarischen Selbstversuch fest, um sie in einem klassischen Entwicklungsroman versöhnen oder entsorgen zu können.
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