Bernardine Evaristo

Mr. Loverman

Roman
Cover: Mr. Loverman
Tropen Verlag, Stuttgart 2023
ISBN 9783608504897
Gebunden, 336 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Tanja Handels. Barrington Jedidiah Walker, geboren in Antigua, ist schon fast ein halbes Jahrhundert in London mit seiner Frau verheiratet. Barry liebt Retro-Anzüge, Rum und Shakespeare. Und er liebt heimlich seinen alten Jugendfreund Morris. Mit ihm will er auf seine alten Tage endlich offen zusammenleben. Doch ist dieser Schritt tatsächlich machbar für ihn? Mr. Loverman ist eine ebenso kluge wie witzige Abrechnung mit unseren Lebenswelten und den gesellschaftlichen Zwängen, denen wir unterliegen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 29.03.2023

Rezensent Rainer Moritz ist erleichtert, dass der Verlag nur im Kleingedruckten darauf hingewiesen hat, dass Booker-Preisträgerin Bernardine Evaristo in ihrem vor zehn Jahren im Original erschienenen Roman kein Blatt vor den Mund nimmt und deshalb allen politisch unkorrekt auf die Füße tritt. Damit zeige die Autorin erneut "vorzüglich", in welchen Widersprüchen sich die britische Gesellschaft verfangen hat, meint Moritz. Mit viel Tempo, witzig und pointiert erzähle Evaristo von zwei schwulen Männern, die lange glauben, zu einem heterosexuellen Leben verdammt zu sein. Warum das so ist und welche rassistischen Klischees in England nach wie vor greifen, schildere Evaristo mit großer Plausibilität, schreibt Moritz, für den der einzige Wermutstropfen des Romans ist, dass Evaristo die Frauen für seinen Geschmack einen Tick zu blass gezeichnet habe.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 11.03.2023

Im neuen Roman von Bernadine Evaristo groovt es mächtig, freut sich Rezensentin Meike Feßmann. Diesmal steht ein Mann im Mittelpunkt: Der auf Antiqua geborene Wichtigtuer Barry, Vater von zwei erwachsenen Töchtern, der mit seiner Frau in einem kleinen Haus in London lebt. Mit vierundsiebzig will Carmel sich endlich zu ihrem jahrelangen Liebhaber bekennen, der dummerweise des Gatten bester Freund ist. Evaristos "hemmungsloser Humor", die Ironie, die entzückend schrägen Figuren und das Tempo der Geschichte, in der die Erfolgsautorin auch mit "Screwball Comedy"-Dialogen arbeitet, sei an Lässigkeit kaum zu überbieten, schwärmt Feßmann, der auch die "abgedrehte" Liebe zur Sprache sehr gefällt. Fazit der Rezensentin: Zwischen Hanif Kureishi und Zadie Smith sei noch genügend Platz für Bernardine Evaristo.



Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 11.03.2023

Rezensent Fabian Wolff freut sich über diesen, wie er findet, beeindruckenden Roman von Bernadine Evaristo, der nach über zehn Jahren endlich auch auf Deutsch erscheint. Die Geschichte dreht sich um das Schwarze Paar Carmel und ihren auch im Alter noch sehr attraktiven Mann Barry, dem sie vorwirft, sie seriell zu betrügen, verrät Wolff. Das tut er auch, allerdings in einer langjährigen homosexuellen Beziehung, für die seine Frau eine Art Alibi ist. Der Kritiker lobt die Multiperspektivität, die beide Partner*innen zu Wort kommen lässt und gerade auch in ihrem anspielungsreichen, die "afrodiasporische Kultur" und ihre Sprachen miteinbeziehenden Stil so anzieht und überwältigt. Ein Wermutstropfen ist für ihn aber die Übersetzung: Er erkennt zwar die Herausforderung an, Soziolekte aus dem Englischen zu übertragen, aber manche Eingriffe, die Tanja Handels bei ihrer Arbeit zum besseren Verständnis vornimmt, verfälschen für ihn leider den besonderen sprachlichen Eindruck. Dennoch ein kraftvolles Zeugnis über Beziehungen, Schwarzsein und alle Kämpfe, die damit zusammenhängen, urteilt Wolff.