Christian Kracht (Hg.)

Mesopotamia

Ernste Geschichten am Ende des Jahrtausends
Cover: Mesopotamia
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart 1999
ISBN 9783421051912
Gebunden, 335 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Die staubigen Tourismuspfaden von Sri Lanka, in einem Jet der KLM, intime Hinterzimmer der Frankfurter Buchmesse, weite Suiten von Davos: Davon handeln siebzehn Erzählungen aus Mesopotamia, dem neuen Reich der Mitte. Die Autoren sind Joachim Bessing, Rebecca Casati, Rainald Goetz, Uwe Kopf, Christian Kracht, Eva Munz, Elke Naters, Andreas Neumeister, Eckhart Nickel, Ingo Niermann, Annie Phrommayon, Nika Scheidemantel, Alexander von Schönburg-Glauchau, Lorenz Schroeter, Carl von Siemens, Benjamin von Stuckrad-Barre, Moritz von Uslar.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.10.1999

In einer Doppelbesprechung rezensiert Daniel Bax zwei Bücher mit Erzählungen junger deutscher bzw. ausländischer Autoren. Beide schneiden allerdings bei ihm nicht besonders gut ab.
1) Christian Kracht (Hg,): "Mesopotamia. Ernste Geschichten am Ende des Jahrtausends"
Bax zeigt sich spürbar genervt und auch gelangweilt von diesem Buch. Vor allem "eitle Selbstreferenz" ist seiner Ansicht nach in diesem Band ziemlich präsent. So wundert es nicht, wenn er feststellt, dass die Erzählungen nur dann einigermaßen präzise ausfallen, wenn es einen Ich-Erzähler gibt. Schwierigkeiten treten vor allem immer dann auf, wenn es gilt, sich in die Rolle einer anderen Figur hineinzudenken. Mindestens ebenso schwer wiegt für Bax die vorherrschende "selbstverliebte Dekadenz und (der) blasierte Zynismus". Man hat einen Zweitwohnsitz in Bangkok, ein "von" im Nachnamen und die Geschichten spielen in Davos oder auf Sri Lanka. "Die Hölle, das sind die anderen, so die Attitüde", stellt Bax fest. Das wär wohl alles halb so schlimm, wenn die Texte gut wären. Aber manches klingt, wie er feststellt, eher wie von Konsalik. Nur zwei Texte hebt er als verhältnismäßig gelungen hervor. In einem erzählt Stuckrad-Barre "so unprätentiös wie es ihm möglich ist" von einem Sommerjob, im anderen Elke Naters von einer "gruppendynmischen Urlaubsneurose".
2) Joachim Lottmann (Hg.): "Kanaksta. Geschichten von deutschen und anderen Ausländern".
Hier ist eine Gelegenheit vertan worden, meint Bax. Anstatt junge ausländische Autoren zu Wort kommen zu lassen, die wirklich etwas zu sagen haben, habe der Herausgeber offensichtlich bei der Auswahl das "Poesiealbum-Prinzip" verfolgt: "Jeder darf mal". Das ist aber nicht das Schlimmste: Bax macht - von einigen Ausnahmen abgesehen - eine erhebliche Ansammlung von "Selbstmitleid, Selbstbefragung und altbackenen Reflexionen über kulturelle Unterschiede" aus. Und weil man offensichtlich nicht genügend ausländische Autoren zusammen bekommen hat, kommen auch noch ein paar "Abiturdeutsche" zu Wort, so Bax. "Vor dieser Kanakenbewegung braucht jedenfalls niemand Angst zu haben", stellt der Rezensent fast mit Bedauern fest.
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