Claus Offe

Selbstbetrachtung aus der Ferne

Tocqueville, Weber und Adorno in den Vereinigten Staaten
Cover: Selbstbetrachtung aus der Ferne
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004
ISBN 9783518583999
Broschiert, 144 Seiten, 14,80 EUR

Klappentext

Die drei Klassiker der europäischen Sozialtheorie, Alexis de Tocqueville, Max Weber und Theodor W. Adorno, haben in ihren Schriften, die während oder aus Anlass ihrer Aufenthalte in Amerika entstanden sind, die Verhältnisse und Entwicklungen Europas immer vergleichend im Blick behalten. Zusammengenommen erstrecken sich ihre amerikanischen Beobachtungen auf einen Zeitraum von 120 Jahren. Claus Offes Frankfurter Adorno-Vorlesungen haben diese einzigartige Konstellation zum Anlaß genommen, dieBeobachtungen ihrerseits kritisch zu untersuchen und den Blick auf die fremde Kultur als Blick auf die eigene zu profilieren.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2005

Jenseits von aller aktuellen politischen Rhetorik erweise Claus Offe den USA mit seinem Buch, das seine kritische Haltung zur Bush-Politik nicht verhehlen kann, trotzdem einen "großen Freundschaftsdienst", meint Tim B. Müller. Offe hat sich nämlich drei Amerikareisende zur Brust genommen und deren Amerikabild und -erfahrungen analysiert: Alexis de Tocqueville, Max Weber und Theodor W. Adorno. Der eine reiste nur kurz, der andere blieb unfreiwillig lange, aber alle drei waren neugierig, hält Müller fest, und reisten mit offenen Augen durchs Land. Der skeptischste war und blieb Weber, so Müller, auch wenn dieser von den amerikanischen Universitäten fasziniert war. Adorno sei es am wenigsten gelungen, seine widersprüchlichen Erfahrungen zu verarbeiten, auch wenn er am Ende den USA vor Europa den Vorzug gegeben hätte. Am besten gefällt Offe aber der frühe Amerikareisende Alexis de Tocqueville, der Offe an Walter Benjamin erinnert, berichtet Müller. Der sei zwar Aristokrat, aber ebenso ein radikaler Demokrat gewesen, den seine Begegnung mit Amerika zum "klassischen Liberalen" gemacht habe.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 21.12.2004

"Lesenswert" findet Michael Schefczyk die Frankfurter Adorno-Vorlesungen über Tocquevilles, Webers und Adornos Bild von Amerika, die der Berliner Soziologe Claus Offe nun vorgelegt hat. Vor allem Offes Ausführungen über Tocqueville haben Schefczyk überzeugt. Immer wieder zeige sich Offe beeindruckt von der Weitsicht und der analytischen Gabe des Franzosen. Weder Weber noch Adorno hätten bei ihren USA-Aufenthalten so feinsinnig beobachtet und so scharfsinnig analysiert wie Tocqueville. Mit "etwas weniger Begeisterung" als bei diesem geht Offe daher auch nach Ansicht Schefczyks bei Weber und Adorno zur Sache. Webers These der Europäisierung Amerikas halte Offe für überholt und sehe eher Anzeichen einer zunehmenden Abkopplung der USA von Europa. Bei Adorno weise er auf die Dissonanz zweier Amerika-Bilder hin. So habe Adorno als Exilant die USA in die Nähe der totalitären Regime Europas gerückt, nach seiner Rückkehr nach Frankfurt die USA als Vorbild freiheitlicher Zivilität gelobt und die "friedliche, unaggressive, gutartige, freundliche Humanität des Alltagslebens" gepriesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.09.2004

Josef Früchtl empfiehlt die unter dem Titel "Selbstbetrachtung aus der Ferne" erschienenen Frankfurter Adorno-Vorlesungen Claus Offes, in denen der Verfasser sich mit dem Amerikabild dreier Denker auseinandersetzt: Alexis de Tocqueville, Max Weber und Theodor W. Adorno. Besondere Würze erhält das Bändchen, dem Rezensenten zufolge, durch die gegenwärtige Weltlage, den besorgten Blick auf die letzte verbliebene Supermacht und Donald Rumsfelds "spitzes Statement" vom "alten Europa". Offe zeichnet an den euphorischen bis skeptischen Statements der drei Meisterdenker exemplarisch nach, welche Haltungen einem europäischen Intellektuellen zum unbedingten amerikanischen Vorwärtsstreben möglich sind. Da ist Tocquevilles Begeisterung von 1832, Max Webers "verzagter Optimismus" und die Griesgrämigkeit des Exilanten Adorno, die in den USA lediglich eine Avantgarde des Negativen zu sehen vermag. Allerdings zieht Offe einen von Adorno nicht autorisierten Vortrag über "Kultur und Culture" zum Vergleich heran, und dieser, so Früchtl, weise einen Optimismus auf, der "Tocqueville zu überbieten" scheint.
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