Dorota Maslowska

Andere Leute

Roman
Cover: Andere Leute
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783737100724
Gebunden, 160 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Eine von Smog und Verachtung vergiftete Stadt, teure Autos, billige Beziehungen, hohe Ansprüche und niederste Instinkte. Kamil träumt von einer Karriere als Rapper, wohnt aber noch bei der Mutter in einer Warschauer Plattenbauwohnung. Er dealt mit Rauschgift, jobbt als Klempner und lässt sich von seiner Kundin Iwona halb verführen, halb bezahlen. Sie lebt unglücklich mit ihrem Ehemann Maciej und dem kleinen Sohn Leon in einer von Mauern geschützten Immobilie. Ihr Mann begehrt sie nicht mehr, hat eine Geliebte. Iwona schüttet ihre Sorgen bei der ukrainischen Putzfrau aus, während Kamil wiederum, ohne es zu ahnen, Maciej Drogen verkauft - und so schließt sich der Kreis zwischen den Personen, entsteht ein Kaleidoskop aus Liebe und Betrug, Begierde und Eitelkeit. Dorota Masłowskas Roman ist wie eine Versuchsanordnung, in der die Jedermänner und Jedefrauen ihr Innerstes nach außen kehren. Am Ende steht die Frage: Die anderen Leute - sind das womöglich wir selbst?

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 21.01.2020

Kundig gibt Jens Uthoff "Props" für die "realness" von Dorota Masłowskas Roman "Andere Leute". Darin beleuchtet die polnische Autorin die düsteren Ecken Warschauer Plattenbauviertel und porträtiert, wie Uthoff versichert, frei von "Elendsimpressionismus", die Perspektivlosigkeit ihrer Figuren. Masłowska erzählt vom Drogenhandel, Betrug, Affären und dem großen Traum ihres Protagonisten Kamil, der HipHop-Star werden möchte. Besonders authentisch findet Uthoff die "dialogischen Einsprengsel", die von der Autorin immer wieder eingewebt werden. In ihnen melden sich Figuren aus dem Off zu Wort  - mal ist es Jesus, mal eine Nonne oder verschiedene Nachbarn aus der Platte - , die das Geschehen kommentieren. Masłowska zeichnet dadurch eine "gelungene Groteske" mit "sehr eigener Erzählweise". Die Komik, Überzeichnung und Bosheit des Romans erinnern Uthoff zuweilen an den Erzählstil Sibylle Bergs. 

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.01.2020

Früher war Dorota Masłowska "in der polnischen Literatur zuständig fürs Provokante", weiß Rezensentin Insa Wilke, aber ihr neuer Roman erscheint der Kritikerin eher müde und wegen der Fortsetzung ihrer alten Themen - polnischer Selbsthass, Konsum als Opium für die gelangweilte und enttäuschte Mittelschicht und trashige, aber anspielungsreiche Sprache - schon fast wieder konservativ. Wenn die Rezensentin aus diesem Buch über die gegenseitige sexuelle Ausbeutung eines reichen Ehepaars, einer ehrgeizigen Studentin und eines abgehängten Schönlings in Warschau etwas gelernt hat, dann, dass sich die Verhältnisse seit 2002 traurigerweise kaum geändert haben, denn eine scharfe Beobachtungsgabe attestiert Wilke Masłowska durchaus.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.12.2019

Rezensent Carsten Hueck lässt sich gerne von Dorota Maslowskas wuchtigem Roman voller Zynismus und Aussichtslosigkeit überrollen, ist nach der Lektüre aber ganz froh über sein "bieder bürgerliches Dasein".  "Rhythmisch, rau, unbändig, herablassend und wütend" erzähle die polnische Autorin aus dem Leben ihrer demoralisierten Protagonisten in Warschau, die sich in Drogen, Tabletten und Affären flüchten. Hueck lobt vor allem die fetzige, "junge" Sprache der Autorin, die außerdem souverän zwischen ganz verschiedenen literarischen Gestaltungsmitteln hin und her springe. Zum Glück erstreckt sich die Handlung des Romans nur über drei Tage, findet der Rezensent - mehr hätte er bei so viel sprachgewaltiger Perspektivlosigkeit vermutlich nicht ausgehalten, meint er. Ein "dröhnendes High-Energy-Erlebnis" von Roman über Menschen in einer kaputten Gesellschaft, von denen man sich vielleicht doch nicht so leicht abgrenzen kann, wie man es gerne hätte, lässt der Rezensent abschließend durchblicken.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2019

Rezensent Tomasz Kurianowicz lernt aus Dorotea Maslowskas kleinem Roman mehr über die Demokratiemüdigkeit, den Hass und die Hoffnungen der Abgehängten als aus manchem soziologischen Forschungsbericht. Allein wie die Autorin die Sprache ihrer zwischen Schlitzohrigkeit und Markenterror in Warschauer Plattenbauten und Glaspalästen dahinvegetierenden Figuren zu treffen vermag, lässt den Rezensenten staunen. Als hätte sie sich lange in Bahnhöfen, Shoppingmals und Kneipen herumgetrieben und sich den Wortschatz der Oberschicht und des Prekariats abgelauscht. Ein einziges "Rap-Gedicht", findet er, dessen Ironie darin besteht, dass an beiden Enden der Gesellschaft die gleichen Enttäuschungen und Ressentiments wirken. Grandios übersetzt von Olaf Kühl, so der Rezensent.