Elena Medel

Die Wunder

Roman
Cover: Die Wunder
Suhrkamp Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783518430286
Gebunden, 221 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Noch nie sind sie sich begegnet: María und Alicia, Großmutter und Enkelin. Die Ältere kommt Ende der Sechziger einer Schande wegen nach Madrid, arbeitet als Kindermädchen, als Hausangestellte, der komplette Lohn fortan bestimmt für die zurückgelassene, fast unbekannte Tochter. Die Jüngere flieht Jahrzehnte später in die Stadt, von einer Tragödie um ihre Herkunft und den Schlaf gebracht. María und Alicia, beide führen sie ein Frauenleben, beiden fehlt das Geld. Und damit die Zuversicht und das Vertrauen. In sich selbst, ihre Männer, dieses Land, in dem sich alles verändert zu haben scheint, bis auf das eigene Elend. Und plötzlich fordert jede auf ihre Weise die hergebrachte Ordnung heraus.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2022

Das ist der Debütroman einer "Empörten", staunt Rezensent Andreas Platthaus: "Die Wunder" erzählt von familiären Zusammenhängen und Bindungen, die der Protagonistin Alicia so gar nicht klar sind. Schon ihre Großmutter ist vom Land nach Madrid geflohen, das erzähle Medel poetisch und hochkomplex und füge sich damit in eine lange Tradition spanischer Literatur ein, lobt er. Pünktlich zum Gastland-Auftritt Spaniens kongenial übersetzt von Susanne Lange, schließt Platthaus.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.10.2022

Klingt ziemlich deprimierend, was die Rezensentin Sylvia Staude über diesen Roman erzählt: Hauptprotagonistinnen sind eine alte Frau, die als Altenpflegerin arbeitet und so kaum über die Runden kommt, und ihre Enkelin, die nach dem Selbstmord des erfolgreichen Vaters einen sozialen Absturz erfährt und sich ebenfalls als Niedriglöhnerin durchschlägt. Warum das bei der Enkelin so ist, erzählt Staude nicht. Warum die Frau dazwischen, Tochter der einen, Mutter der anderen, in dem Roman kaum vorkommt, weiß sie auch nicht. Und Liebe, das wird ihr immerhin klar, ist auch kaum mehr als ein nervendes Gefühl.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 18.10.2022

In ihrem Debütroman erweist sich Elena Medel als feministisch engagierte, politische Stimme der spanischen Literatur, hält Rezensentin Sophia Zessnik fest. Die Autorin erzählt von drei Generationen in drei Dekaden, alle Porträtierten entstammen der Arbeiterklasse. Ihr sei es darum gegangen, die wenig beachteten Feminismen früherer politisch bewegter Zeiten in Erinnerung zu halten, zitiert die Kritikerin die Schriftstellerin aus einem Radiogespräch. Stilistisch greift die seit zwanzig Jahren im spanischen Literaturbetrieb als Verlegerin und Lyrikerin tätige Autorin dabei auf eine Form der poetischen Auslassung zurück, erklärt Zessnik und sieht darin eine Einladung für das Publikum zur Interpretation. Bemerkenswert findet die Rezensentin abschließend allerdings, dass sich der Roman weniger als politische Kampfansage, sondern vielmehr "wie ein Appell an die Eigenverantwortung" lese.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.10.2022

Auch spanische SchriftstellerInnen schreiben über Klasse und soziale Herkunft, aber sie tun es anders als beispielsweise Annie Ernaux oder Edouard Louis, klärt uns Rezensentin Karin Janker, die drei Neuerscheinungen vorstellt, auf. Es ist die besondere Literarizität, die die Romane von Ana Iris Simón, Elena Medel und Isaac Rosa eint, aber nicht nur, fährt die Kritikerin fort. Denn die drei AutorInnen sind während der spanischen Wirtschaftskrise aufgewachsen, die Melancholie, die Konfrontation mit einem Leben in prekären Verhältnissen, aber auch auch das Politische grundiert ihre Romane, so Janker. Rosa und Simon blicken zurück auf die Zeit vor der Finanzkrise, Rosa anhand einer von der Trennung her erzählten Liebesgeschichte, Simon mit Blick auf die eigene Biografie und die ihrer Großeltern. Medels Thema ist indes die Gesellschaftsgeschichte des spanischen Feminismus, erzählt am Beispiel einer Großmutter und ihrer Enkelin, informiert die Kritikerin. Schließlich eint noch etwas alle drei Romane, lobt Janker: Der Blick fürs Detail, das "vermeintlich unscheinbare", der das Große erst sichtbar macht.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.08.2022

Rezensentin Victoria Eglau liest interessiert über zwei spanische Frauen aus verschiedenen Generationen in Elena Medels Roman. Dass die beiden Protagonistinnen Großmutter und Enkelin sind, ist für Eglau zunächst nicht entscheidend. Wichtiger findet sie, dass die beiden Lebensgeschichten, die eine aus Francos Zeit, die andere aus der Frühzeit unseres neuen Jahrtausends, einen Vergleich ermöglichen. Es geht um Klassenschranken, Emanzipation und andere gesellschaftliche Veränderungen und darum, was die Leserin gegenüber den Figuren und ihrem Tun an Empfindungen entwickelt. Das ist nicht immer eindeutig, meint Eglau. Für sie ist das Buch Gesellschaftsroman und psychologische Studie zugleich. Medels Sprache findet sie elegant und bildstark.