Feridun Zaimoglu

Hinterland

Roman
Cover: Hinterland
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2009
ISBN 9783462041330
Gebunden, 442 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Dieser Roman schweift aus und ab. Er nimmt den Leser mit auf eine Reise, die von den Metropolen Osteuropas bis auf eine Insel in der Nordsee führt, von Prag nach Berlin, Istanbul, Ankara, Föhr und zurück. Er folgt Verträumten und Entflammten, die einander treffen, begleiten oder umgehen, aber gemeinsam verstrickt sind in einen großen Zusammenhang, den sie kaum durchschauen und erst recht nicht begreifen.
Im Mittelpunkt stehen Ferda und Aneschka, die sich in Prag gefunden haben, aber immer wieder trennen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Ferda macht sich auf in die Türkei und gerät dort in ein Sippentreffen und in Liebeshändel, während Aneschka ihrer Brieffreundin Helen, der Tochter eines Fotografen, nach Berlin folgt. Dort trifft sie Ferda wieder, kehrt mit ihm zurück nach Prag, doch sind die Gefühle in Aufruhr und die Köpfe nicht klar. Überhaupt gewinnt das Irrationale die Oberhand, treffen Zwerge auf Ritter, Hexenbesen und das Tausendgüldenkraut.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.03.2010

Klare Ziele, touristische Attraktionen oder eine fest umrissene Handlung wird man in Feridun Zaimoglus neuem Roman "Hinterland" vergeblich suchen, warnt Angelika Overath. Nicht einmal, welcher Erzählerstimme man gerade folgt, weiß man immer gleich und hat man sich erst mal an einen der sonderlichen Protagonisten des Romans gewöhnt, muss man sie auch schon wieder ziehen lassen, so die Rezensentin weiter. Dafür verspricht Overath aber dem, der sich auf die mäandernde, märchenhafte Erzählweise einlässt, ein geradezu "rauschhaftes" Lektüreerlebnis. Und sie selbst zeigt sich glücklich ob der intensiven Eindrücke in diesem Roman, der "kühnste Universalpoesie" darstellt, wie sie preist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 31.12.2009

Rezensentin Insa Wilke ist vom jüngsten Buch Feridun Zaimoglus, das sie als anstrengenden "Episoden-Roman" charakterisiert, trotz aller Lektüremühen bezaubert. Eine spannende Frage ist für die Rezensentin, ob der Autor all die Erzählfäden, die er auslegt, am Ende auch wieder zusammenführen kann, und nicht ganz ohne Bedenken begibt sie sich in das Dickicht von Zaimoglus mäanderndem Erzählen. Der Autor überspringt unbekümmert Genregrenzen, hat keine Scheu vor Kalauern und Klischees und packt die verschiedensten Themen an - von Homophobie bis zum gescheiterten Kommunismus, stellt die Rezensentin fest. Und wenn sie auch die Suche nach dem roten Faden in diesem Roman schließlich aufgeben muss, entdeckt sie als Entschädigung das "poetische Moment und die Anekdote", wie sie wissen lässt. In den besten Momenten sieht sich Wilke ins "Unterholz" der Kindheit entführt und so blickt sie über manch manieristische Wendung, zu der sich der "Sprachrausch" Zaimoglus mitunter versteigt, oder über verdrehte politische Analysen großzügig hinweg.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2009

Wenn es ein Ziel gibt für die bunte Figurenschar in diesem neuen Roman von Feridun Zaimoglu, dann ist das Berlin, lässt uns Rezensent Hans Ulrich Gumbrecht wissen. Berlin als Sehnsuchtsort? Aber den Parodie-Verdacht hat Gumbrecht beim Lesen ohnehin manchmal. Allerdings findet er auch heraus, dass Zaimoglu doch wohl eher dem Prinzip der erzählerischen Metonymie huldigt. Und das geht so: Kaum hat sich der Rezensent an eine Figur, eine Perspektive gewöhnt, springt der Text zur nächsten. Zwar kann so eine Figur im folgenden (am Rande) wieder auftauchen, wie Gumbrecht einräumt, doch ein ganzes Tableau, wo alles irgendwann seinen Ort erhält, gibt es in diesem Buch nicht. Alles bleibt in Bewegung, ruhelos zieht der Rezensent von Prag nach Istanbul nach Föhr und schließlich nach Berlin. Gumbrecht kommt es wie ein Puzzle vor, das nie komplett wird. Für die Sehnsucht, die Gumbrecht als ein zentrales Thema immerhin erkennen kann, ist das ja vielleicht ein gutes Bild.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.10.2009

Noch ein Roman, der nach Ansicht eines "Zeit"-Kritikers, hier ist es Jochen Jung, an der Form scheitert. Formlosigkeit wurde in der "Zeit" bereits – durchaus begründet – Dietmar Dath und Ernst-Wilhelm Händler vorgeworfen. Aber "Hinterland" scheint ein besonders schlimmer Fall zu sein: Rezensent Jung kann schon nach 20 Seiten die Personen, Begebenheiten, Meinungen und Einbildungen nicht mehr auseinander halten. Dabei hat er – wie auch die anderen Rezensenten – durchaus eine gewisse Sympathie für den Autor. Ist doch schön, wenn einer mal seiner Fantasie freien Lauf lässt und nicht immer nur auf langweilige "Wiedererkennbarkeit" schielt. Aber es hilft nichts: trotz vieler "scharf gesehener" Einzelheiten stellt sich für den Rezensenten kein Sinnzusammenhang her, der ihn über 440 Seiten tragen würde.