Gudrun Krämer

Der Architekt des Islamismus

Hasan al-Banna und die Muslimbrüder
Cover: Der Architekt des Islamismus
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406781773
Gebunden, 528 Seiten, 34,00 EUR

Klappentext

Die Muslimbrüder gehören seit ihrer Gründung im Jahr 1928 zu den einflussreichsten islamischen Bewegungen der Gegenwart, auf die sich islamische Aktivisten von der palästinensischen Hamas bis zur türkischen AKP beziehen. Auf der Grundlage vielfältiger, bislang kaum ausgeschöpfter arabischer Quellen zeigt Gudrun Krämer, wie Hasan al-Banna aus einem sufisch inspirierten Bildungs- und Wohltätigkeitsverein eine Massenorganisation mit Hunderttausenden von Anhängern schuf, die unter Berufung auf die Religion Politik machte. Neben einem eigenen Zweig der Muslimschwestern entstand im Schatten des Zweiten Weltkriegs auch ein Geheimapparat. Ende 1948 wurde die Muslimbruderschaft verboten, wenig später fiel al-Banna einem Attentat zum Opfer. Noch heute dient er nicht-jihadistischen Islamisten als Referenz. Gudrun Krämer erhellt die ideengeschichtlichen Grundlagen, das soziale Umfeld und den politischen Kontext der Bewegung, porträtiert Mitstreiter und Gegner und erschließt anhand der Biografie Hasan al-Bannas ein Schlüsselkapitel in der Geschichte des modernen Islam.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.07.2022

Gudrun Krämer schließt mit ihrer Biografie über Hasan al-Banna eine Lücke, findet Rezensentin Ivesa Lübben, die auch selbst zum Islamismus geforscht hat. Denn auf den Begründer der Muslimbruderschaft berufen sich auch heute noch fast alle islamistischen Bewegungen, weiß Lübben, und findet sehr aufschlussreich, wie die renommierte Islamwissenschaftlerin dessen Werdegang und die Entstehung seiner Ideologie nachzeichnet - so wollte al-Banna etwa nicht wie die Salafisten das Leben der Propheten imitieren, sondern die alten Konzepte der Moderne anpassen, liest Lübben. Wie die Autorin auf Basis einer "akribisch" ausgewerteten Quellenlage den Aufbau dieses "Ideengebäudes" als Haus beschreibt, das allen Gesellschaftsschichten offenstand, immer größer wurde und schließlich auch zusammenstürzte, findet die Kritikerin spannend - nur über das Verhältnis der Muslimbruderschaft zu den Freien Offizieren während der Nachkriegszeit und der "politischeren" Phase der Bruderschaft hätte sie gerne noch etwas mehr erfahren. Trotzdem eine "exzellente" Biografie und das "wichtigste Referenzwerk" zum Thema nicht nur im deutschsprachigen Raum, schließt Lübben.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 23.06.2022

Rezensent Thomas E. Schmidt schildert die komplexe Gemengelage um Hasan al-Banna, die arabische Moderne und die Muslimbrüder. Gudrun Krämers Biografie ihres Gründers hält er für ein bemerkenswertes Buch, da es Krämer gelingt, den Leser auf souveräne, sachliche Weise mit der oft dämonisierten Bewegung bekannt zu machen und in die islamische Ideenwelt ab dem 19. Jahrhundert einzuführen. Für Schmidt eine historiografische Großtat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.03.2022

Recht nüchtern bespricht Rezensent Till Schmidt Gudrun Krämers Studie über Leben und Einfluss des islamistischen Gründers der Muslimbruderschaft, Hasan al-Banna. Krämer widme sich darin nicht nur der Biografie Hasan al-Bannas, sondern auch dem ideengeschichtlichen, sozialen und politischen Kontext, in dem die Bruderschaft 1928 in Ägypten als "antiliberale und antisäkulare" Bewegung gegründet wurde - so spielten etwa der ägyptische Nationalismus und die arabische Renaissance der Zeit, aber auch die Sportbewegung und das Pfadfindertum eine Rolle, erfährt Schmidt. Um die Rezeption oder Entwicklung der Ideologie außerhalb Ägyptens geht es hingegen nicht, stellt er fest. Insgesamt lobt er Krämers "detaillierte" Darstellung, die auch immer wieder auf die dürftige Quellenlage zum Thema verweise, als sehr "instruktiv", auch wenn er sich an der ein oder anderen Stelle etwas konkretere Fragestellungen gewünscht hätte. Besonders interessant findet er außerdem die Passagen zum Thema Geschlecht und zur Formierung einer Muslimschwesterschaft.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.03.2022

Rezensent Joseph Croitoru liest mit Gudrun Krämers "Der Architekt des Islamismus" die erste "umfassende" Biografie über Hasan al-Banna, den Gründer der Muslimbruderschaft. Die Islamwissenschaftlerin Krämer, die in dem Buch die Kindheit, das Heranwachsen und die ambivalenten Haltungen al-Bannas skizziert, porträtiert zugleich die Gründung und den Aufstieg der 1928 in Ismailiya gegründeten Muslimbruderschaft und blickt auf die Umwälzungen im 20. Jahrhundert in Ägypten, erklärt Croitoru. Dabei bleibt der quellengesättigte Blick der Autorin stets differenziert, lobt der Rezensent. Die Darstellung der antisemitischen Kampagne der Muslimbrüder gegen die "zionistischen Weltverschwörer" hätte er sich ein wenig ausführlicher gewünscht und auch ein Blick darauf, wie das Erbe Hasan al-Bannas heutzutage von dieser und anderen islamischen Bewegungen gepflegt wird. Aber insgesamt findet der Rezensent das Buch informativ und überzeugend.
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