Gunter Schmidt (Hg.)

Kinder der sexuellen Revolution

Kontinuität und Wandel studentischer Sexualität 1966-1996
Cover: Kinder der sexuellen Revolution
Psychosozial Verlag, Gießen 2000
ISBN 9783898060271
Broschiert, 281 Seiten, 25,46 EUR

Klappentext

Der Vergleich von drei repräsentativen Studien aus den Jahren 1966, 1981 und 1996 gibt höchst interessante Aufschlüsse darüber, wie sich das sexuelle Verhalten von Studierenden und ihre Einstellungen zu Fragen der Sexualität, Partnerschaft, Liebe usw. in den letzten 30 Jahren verändert haben. Wie die in ihrer Art einmalige Studie belegt, hat die sexuelle Revolution der 60er Jahre die noch heute vorherrschenden Einstellungen zur Sexualität nachhaltig geprägt. Neue Trends sehen die Autoren in der wachsenden Bedeutung, die festen Partnerschaften zugesprochen wird und im ambivalenten Verhältnis zur Lebensform des Singles.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 18.10.2000

Die Literaturwissenschaftlerin Susanne Lüdemann mit zwei Neuerscheinungen zum Stand des heutigen Sexualverhaltens, das zum Entsetzen der Rezensentin in "serieller Monogamie" seinen gesellschaftlichen Konsens zu finden scheine. Es handelt sich um den von Gunter Schmidt herausgegebenen Band "Kinder der sexuellen Revolution - Kontinuität und Wandel studentischer Sexualität 1966-1996" und um Mariam Laus "Die neuen Sexfronten".
1. " Kinder der sexuellen Revolution" An dieser empirischen Untersuchung von Gunter Schmidt (Hrsg.) bemängelt die Autorin, statt nach Erotik und Einbildungskraft werde nach "messbaren Kruditäten" wie Koitusfrequenz und Partnermobilität gefragt. Das Ergebnis der Studie sei allgemein bekannt und verlaufe von der repressiven Sexualmoral der fünfziger Jahre über die Befreiung der sechziger Jahre bis zur heutigen "Entdramatisierung des Geschlechterverhältnisses". An den Sexualpraktiken habe sich dagegen fast nichts verändert, referiert Lüdemann, nur die Masturbation werde heute frei von Schuldgefühlen praktiziert. Die oft zitierte "neue Lustlosigkeit" sowie das freiwillige Dasein als Single könnten in dem Band dagegen nicht bestätigt werden, vielmehr wünschte sich die große Mehrheit, darunter auch die Homosexuellen, dauerhafte Beziehungen mit einem Partner. "Es ist so schön, dass man fast weinen möchte", schreibt die Rezensentin dazu. Als "Erfolgsgeschichte" wie der Herausgeber die von ihm konstatierte Entwicklung nennt, mag Lüdemann das Ergebnis der Studie nicht verbuchen.
2. Auch vom neuen Buch Mariam Laus, "Die neuen Sexfronten", wird der Rezensentin nicht besser. Die Geschichte der sexuellen Revolution gerate der Autorin zu einem "vulgärpsychoanalytischem Entlarvungsdiskurs". Dass von Uhse bis Lacan nur agitiert worden sei, um die eigenen Triebkonflikte als Normalität zu verkaufen, wie Lau schreibe, möchte die Rezensentin nicht hinnehmen. Lüdemann stimmt lediglich Laus These zu, die revolte der 68-er Studenten sei ein "Aufstand der Geschädigten" (Lau) im Gewand einer antikapitalistischen Sexualmoral gewesen. Insgesamt scheint die Rezensentin aber die Metaphysik zu vermissen. Sie beschwört Emilia Galottis Wahl zwischen Tod und Verführung ebenso wie Bachmanns "Malina" als Roman des Begehrens. Aber verwechselt Frau Lüdemann da nicht Begehren mit Leiden? Und darf frau sich heute nicht mal ganz undramatisch freuen? Es muss ja niemand "seriell monogam" sein.