Gyula Krudy

Meinerzeit

Roman
Cover: Meinerzeit
dtv, München 1999
ISBN 9783423241724
Taschenbuch, 233 Seiten, 12,27 EUR

Klappentext

Gyula Krúdy beschreibt in seinem 1930 erschienenen Roman "Meinerzeit" das Lebensgefühl einer ganzen Epoche: die Sehnsucht nach dem Budapest des 19. Jahrhunderts. Der ungarische Klassiker in deutscher Erstübersetzung.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 25.03.2000

Karl-Markus Gauss bespricht das Buch in einem ausführlichen Artikel über den "habsburgischen Mythos" zusammen mit Gyula Krudys "Die rote Postkutsche" (Suhrkamp-Verlag), Sandor Marais "Die Glut" (Piper-Verlag) und Dezsö Kosztolanyis "Anna Edes" (Aufbau-Taschenbuch-Verlag).
1) Gyula Krudy: "Meinerzeit"
Die Erinnerung an den "guten Kaiser" Franz Joseph aber auch an die von diesem Kaiser blutig niedergeschlagene ungarische Revolution von 1848 lasse Krudy hier in einem komplexen psycholgischen Spiel "zum Bild einer Vergangenheit ineinsfallen", schreibt Gauss. Er weist darauf hin, dass es sich um eines des letzten Bücher Krudys handelt und dass es an einem einzigen Tag in einem Wirtshaus spielt. Christine Viraghs Übersetzung nennt Gauss "fulminant".
2) Gyula Krudy: "Die rote Postkutsche"
Gauss schimpft hier zunächst über den Suhrkamp-Verlag, der vergessen habe, darauf hinzuweisen, dass sich hinter diesem Buchdeckel nicht ein, sondern zwei Romane verstecken, denn auf Seite 179 beginnt "Die herbstliche Reise in der roten Postkutsche", auf den weder Titelblatt noch Impressum des Bandes hinweisen. Der eine Roman sei 1913, der andere 1917 geschrieben, im Band selbst werde nur auf den von 1913 verwiesen, das gleich gelte für das "instruktive Nachwort", das nur über den ersten Roman spreche. Früher, so Gauss, wussten "die Verlage noch, welche Bücher sie selbst veröffentlichten". In beiden Romanen spielt ein Graf Avinczi, eine Art Doppelgänger des Kaisers Franz Joseph, die Hauptrolle. Aber so wie der Kaiser in den Kaiserlogen der K.u.K.-Theater sei auch Alvinczi in seiner roten Postkutsche mehr abwesend als anwesend. Besonders die "Herbstliche Reise" schildert Gauss als einen "munter bewegten Roman", in dem "jede Menge von Wiedergängern historischer Figuren, zumal habsburgischer Abstammung" herumgeistern.
3) Dezsö Kosztolanyi: "Anna Edes"
Dieses Buch erwähnt Gauss nur en passant als "kantigen Dienstbotenroman" von 1920 und weist vielmehr auf Kosztolanyis Lyrik hin, die sich anders als seine zeitkritischen Romane melancholisch mit dem alten Kaiser befasse.
4) Sandor Marai: "Die Glut"
Mit Erstaunen berichtet Gauss über den Erfolg dieses Romans um zwei alte Männer, die sich nach 40 Jahren wiedersehen, beim deutschen Publikum, es sei aber auch ein "perfekt gebauter Text", selbst wenn Gauss die Art und Weise, wie Marai mit Versatzstücken aus dem habsburgischen Mythos spiele, ein wenig wie historische Kulissenschieberei vorkommt. Aus allen Fugen riesele "der Staub Altösterreichs", meint Gauss und wundert sich, dass man den alten Kaiser "noch immer so bar jedweder Ironie auftreten lassen kann".

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