Hans Magnus Enzensberger

Überlebenskünstler

99 literarische Vignetten aus dem 20. Jahrhundert
Cover: Überlebenskünstler
Suhrkamp Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783518427880
Gebunden, 366 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Das 20. Jahrhundert war eine Blütezeit von Schriftstellern, die Staatsterror und Säuberungen überlebt haben, mit all den moralischen und politischen Ambivalenzen, die das mit sich brachte. Wie ist es dabei zugegangen? Waren sie zu standfest, um vor der Macht zu kapitulieren? Hatten sie ihr Überleben ihrer Hellsicht, ihrer Intelligenz oder Schlauheit zu verdanken, ihrem Glauben an sich selbst, ihren Beziehungen oder ihrem taktischen Geschick? Waren es Glücksfälle, die an ein Wunder grenzten, durch die sie dem Gefängnis, dem Lager und dem Tod entronnen sind, oder waren es Strategien, die von der Anbiederung bis zur Tarnung reichten? Wer das so klar unterscheiden könnte!
Hans Magnus Enzensberger nähert sich in 99 pointierten, bewusst subjektiven Darstellungen den Lebensläufen und den speziellen Überlebensstrategien internationaler Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Aber auch den objektiven Gründen dafür, dass ihnen ihr Überleben im 20. Jahrhundert, dem "Zeitalter der Gewalt", gelungen ist. Der scheinbar übermächtigen Gegnerschaft gründlich formierter Gesellschaften und autoritärer, zum Äußersten entschlossener Staatsführungen zum Trotz. Dass sich daraus auch für die Gegenwart noch lernen ließe, ist, so der Autor, nicht ausgeschlossen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.07.2018

An Hans Magnus Enzensbergers Frechheit, Schärfe und Chuzpe kann Rezensent Christian Metz sich kaum sattlesen. Dass der Autor jeglicher Systematik, allen Ansprüchen auf Vollständigkeit und anderen Erwartungshaltungen des Lesers mehr eine fröhliche Abfuhr erteilt, freut Metz umgemein. Dafür erhält er eine höchst subjektive Literaturgeschichte in literarischen Vignetten, sprunghaft, wild, idiosynkratisch, in der Enzensberger kräftig austeilt (gegen Canetti etwa) oder auch hätschelt und tätschelt (sich selbst). Brillant in seiner Schnoddrigkeit, findet Metz, auch wenn die dem Buch zugrundeliegende These, vom Verhalten des Künstlers im Krieg lasse sich etwas lernen, ihm recht gewagt erscheint.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.05.2018

Knapp, aber hymnisch bespricht Rezensent Alexander Cammann Hans Magnus Enzensbergers 99 literarische Vignetten über Literaten des 20. Jahrhunderts, etwa Kertesz, Benn, Pound, Miller, Müller oder Tuwim. Stets seiner Zeit voraus, mit herausragendem Gespür für Biografien, Witz und Kürze erscheint dem Kritiker Enzensberger in den hier lässig dahingeworfenen Skizzen, die mitunter auch Autobiografisches verraten. Und wenn der Autor bei seinen 99 Helden das Prinzip des Überlebens als gemeinsames Verbindungsmoment herausarbeitet, lernt Cammann, dass es auch im 20. Jahrhundert noch einiges zu entdecken gibt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.04.2018

Helmut Böttiger erwartet gar nicht erst den großen Tiefgang in Hans Magnus Enzensbergers Vignetten über Autoren, die dem 20. Jahrhundert noch einmal von der Schippe geshüpft sind. Ob Enzensberger sich Curzio Malaparte, Benn, Neruda oder Jünger vorknöpft, stets geht es eher ums Prinzip und darum, es möglichst subjektiv, leicht und schmunzelnd, aber eben auch pointiert zu betrachten, meint Böttiger. Kauzig genug kann es bei diesem Autor gar nicht sein, so der Rezensent. Und wenn Enzensberger die Miniporträts nutzt, eigene Erinnerungen zu streuen, amüsiert sich Böttiger umso mehr.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.04.2018

In den hier versammelten Mini-Porträts, mit denen Hans Magnus Enzensberger Schriftsteller ehrt, die dem Totalitarismus entkommen sind, spürt Richard Kämmerlings die Erkenntnis des Autors, dass Überleben im 20. Jahrhundert keine Selbstverständlichkeit ist. Am besten gefallen ihm die Texte, wenn Enzensberger die Daten mit Anekdoten und Erinnerugen würzt. Das kann laut Rezensent durchaus treffend wie verletzend werden (wie im Fall Johannes R. Becher oder Gabriel Garcia Marquez) oder auch allzu nonchalant (wie im Text über Heiner Müller). An Enzensbergers hier nachzulesendem feinem Gespür für innere Widersprüche und Heuchelei hat der Rezensent aber keinen Zweifel.