Ian McEwan

Nussschale

Roman
Cover: Nussschale
Diogenes Verlag, Zürich 2016
ISBN 9783257069822
Gebunden, 288 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Eine klassische Konstellation: der Vater, die Mutter, der Liebhaber. Und das Kind, vor dessen Augen sich das Drama entfaltet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.11.2016

Ein Embryo, der die Geschichte seiner Mutter erzählt, von ihrer Schwangerschaft, ihrer Affäre, ihrem Mord? Der auch noch über den Zustand der Welt räsoniert? Das geht doch gar nicht, meint Rezensent Stephan Wackwitz in bester Kevin-allein-zu-Haus-Manier. Und Autor Ian McEwan weiß das selbstverständlich auch. Aber es funktioniert trotzdem, versichert der Rezensent, der immer weiter las und wissen wollte, was jetzt noch kommt. Erzählkunst toppt Vernunftssinn allemal! Warum Wackwitz dies allerdings als Verteidigung des naturalistischen Erzählens nimmt, erschließt sich dem Leser seiner Kritik nicht so recht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 12.11.2016

Kristina Maidt-Zinke hält Ian McEwans Shakespeare-Hommage zum 400. Geburtstag des Dramatikers für unschlagbar. Was McEwan hier vorlegt, eine Art vorgeburtliches Treffen mit Hamlet, scheint ihr von der Anlage her zwar nicht neu, doch in der Ausführung schon bemerkenswert. Dazu tragen die enorme Bildung und die poetische Fantasie des Autors und eine Prise Weltekel bei, die er dem räsonierenden Fötus allesamt in den Mund legt, und natürlich die daraus resultierende Komik. Dass Klein-Hamlet im Mutterleib über Sein oder Nichtsein reflektiert oder darüber nachdenkt, wie er den Nebenbuhler des Vaters kleinkriegt, findet die Rezensentin schon stark. Das Buch, für sie Krimi, Family-Soap und Satire, besticht aber auch durch Gegenwartsanalysen zur prekären Weltlage, erklärt Maidt-Zinke. Hin und wieder klingt das laut Rezensentin zwar ein bisschen wie Leitartikelprosa, doch dank McEwans sprachlicher Virtuosität, meint sie, geht alles gut.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 05.11.2016

Mit seinem neuen Roman "Die Nussschale" hat Ian McEwan die Messlatte für kommende Shakespeare-Adaptionen hoch gelegt, versichert Rezensent Alan Posener. Allein die Idee, einen "altklugen" Fötus zum Ich-Erzähler zu machen, der monologisch und glaubwürdig schildert, wie er Mutter und Onkel beim animalischen Sex und beim Mordkomplott gegen den Vater beobachtet, ringt dem Rezensenten größte Bewunderung ab. Mit Spannung, Originalität, einer Prise Joyce und einer ganz eigenen Stimme ist McEwan ein ebenso dunkles wie witziges Krimi-Kunstwerk gelungen, das großes Lesevergnügen verspricht, schließt der Kritiker.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.10.2016

Ian McEwan geht es nicht um Plausibilität, erklärt Rezensentin Sylvia Staude. Ganz unbefangen lässt er seinen Monologisten, einen neunmalklugen Fötus im Leib der Mutter, von Dingen sprechen, von denen dieser eigentlich keine Ahnung haben kann, und das auf eine eher fötus-untypisch differenzierte Weise, freut sich Staude. Der kleine, eingesperrte Erzähler, das macht schon das Motto deutlich, ist ein ungeborener Hamlet, seine Mutter eine moderne Gertrude und sein Vater ein dichtender Hamlet Senior - eine in die Moderne transferierte Hamlet-Geschichte also, "aberwitzig", aufregend, originell, findet die Rezensentin und ruft dazu auf, die wenigen politischen und gesellschaftlichen Kommentare, die unpassend, "wie aufgeklebt" wirken, einfach zu überlesen. Dann trübt nichts mehr das Lektürevergnügen.
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