Jay McInerney

Das gute Leben

Roman
Cover: Das gute Leben
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2007
ISBN 9783462039184
Gebunden, 445 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Aus dem amerikanischen Englisch von Ingo Herzke. Glück, Geld, Glamour: Eigentlich haben diese beiden New Yorker Paare alles. Corrine Calloway, ehemalige Anwältin und Mutter von Zwillingen, lebt mit ihrem Mann in einem schicken Loft in TriBeCa. An der Upper East Side residiert der Börsenmillionär in Auszeit und Samuraifilm-Fan Luke McGavock mit seiner Frau Sasha, der High-Society-Königin Manhattans. Doch die Fassaden zeigen Risse: Routine, Ernüchterung und verletzte Gefühle prägen die Beziehungen, und die Sehnsucht nach einem anderen, erfüllteren Leben ist allgegenwärtig. Für Corrine und Luke scheint ein Neuanfang plötzlich möglich, als sie nach dem Fall der Zwillingstürme in einer Suppenküche am Ground Zero sich und die Liebe finden. Doch bald schon, kaum hat sich der Rauch gelichtet, stellt sich die Frage: Ist es wirklich das, wonach sie gesucht haben? Ist dies nun "das gute Leben"?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.10.2007

Durchaus gemischte Gefühle hat dieser Versuch des Autors Jay McInerney, sich dem 11. September erzählerisch zu nähern, bei der Rezensentin Angela Schader ausgelöst. Zwei Ehepaare stehen im Zentrum des Romans, der Banker Luke McGavock und seine Frau sind (fast) bestens in der New Yorker High Society situiert - es fehlt zunächst nur der Privatjet zum Glück. Das andere Paar steht eher am Rande der besten Gesellschaft, denn der Verleger Russell Calloway kann sich nur ein wenig repräsentatives Apartment im Manhattaner Stadtteil TriBeCa leisten. Im unmittelbaren Umfeld des Anschlags siedelt McInerney die sich entwickelnde Affäre zwischen Luke McGavock und der Ehefrau des Verlegers Corrinne an; dass er dabei auf symbolische Überhöhung nicht verzichtet, betrachtet Schader als Kunstfehler des Autors. Auch sonst findet sie zwar manches gelungen, gerade die Schilderungen der Ereignisse um den 11. September. Dass das Buch aber auf ein geradezu "kitschiges" Ende zuläuft, hat ihr gar nicht gefallen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 04.10.2007

Karriere machte Jay McInerney als zorniger junger Brat-Pack-Autor neben Bret Easton Ellis und Tama Janowitz. Aus der so einträglichen wie einengenden Schublade wollte er lange schon raus - jetzt scheint es ihm gelungen. Allerdings, findet jedenfalls der Rezensent Christian Seiler, um den Preis, beträchtlich langweiliger geworden zu sein. Der Titel des Romans "Das gute Leben" ist nicht ganz frei von Selbstironie, beschreibt aber das, was McInerney hier erzählt, genauer, als diesem wohl lieb sein dürfte. Es begegnen einander ein Starbanker und eine ehemalige Anwältin in einer Suppenküche für die Opfer des 11. September. Es kommt zu "zärtlicher Liebe und schnellem Orgasmus" und geht also zu, meint der Rezensent, wie in "einer x-beliebigen Schmonzette". Obwohl das World-Trade-Center-Attentat in diesem New-York-Roman also eine Rolle spielt, ist wenig bis gar nichts aufregend daran. Mehr als deutlich lässt Seiler durchblicken, dass da ein Autor, der inzwischen ein eher langweiliges Leben führt, genau dafür eine adäquate Darstellungsform gefunden hat.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 01.09.2007

Als Gegenentwurf zu seinen Romanen aus den 80er Jahren hat Rezensent Frank Schäfer Jay McInerneys Roman über die 9/11-Katastrophe gelesen. McInerney legt hier einen Ernst an den Tag, den Schäfer nicht in ihm vermutet hätte. Die Moral des Buches scheint ihm dagegen nur bedingt einzuleuchten, dass nämlich die "spätkapitalistische Dekadenzgesellschaft" durch diese Katastrophe gezwungen ist, "zu den elementaren menschlichen Empfindungen" zurückzukehren. Der Plot baut sich Schäfer zufolge auf die Geschichte des Starbankers Luke und seiner Frau, der Anwältin Corinne, die wegen ihrer Kinder eine berufliche Auszeit nehmen und offensichtlich über den Sinn ihres Daseins und ihre Liebe ins Grübeln kommen. "Aber dann fallen auch schon die Türme", bemerkt Schäfer schlicht. Die tragische Läuterungsgeschichte, die jetzt in Gang kommt, sei spannend aus zwei Perspektiven erzählt und man lese sie dementsprechend "ziemlich schnell weg". Zum Bedauern des Rezensenten wird aber McInerneys erzählerisches Talent immer wieder von seiner "symbolistischen Großmannssucht" korrumpiert. Ständig spitze er die Realität zu, mache sie sich im Sinne einer Effektsteigerung gefügig. Und so wird er insgesamt dann mit dem Buch doch nicht ganz froh.