Jesmyn Ward

Vor dem Sturm

Roman
Cover: Vor dem Sturm
Antje Kunstmann Verlag, München 2013
ISBN 9783888978616
Gebunden, 320 Seiten, 21,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Ulrike Becker. Ein Hurrikan braut sich über dem Mississippi-Delta zusammen, aber Esch und ihre drei Brüder, die mit dem Vater in einer zusammengezimmerten Hütte am Rande des Waldes inmitten von Hühnern und alten Autowracks leben, haben noch andere Sorgen. Mit kleinen Diebstählen und viel Liebe versucht Skeetah, die neugeborenen Welpen seiner Pitbull-Hündin China durchzubringen. Randall will Basketballprofi werden, aber zugleich müssen er und Esch sich um Junior, den Jüngsten, kümmern, dem wie allen die Mutter fehlt, die bei seiner Geburt gestorben ist. Da merkt die Fünfzehnjährige, dass sie schwanger ist - von Randalls bestem Freund, der mit einer anderen zusammenlebt. Die Geschichte einer bedrohten Familie angesichts eines Jahrhundertorkans wirft ein Schlaglicht auf die Wirklichkeit eines anderen, bitterarmen Amerika.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.01.2014

Pervertierte Hundeliebe ist nur ein Aspekt des Südstaaten-Melodrams von Jesmyn Ward. Martin Zähringer empfindet ihn allerdings durchaus als zentral in diesem Buch, neben anderen Perversionen und asozialen Tendenzen. Auch neben Naturbeschreibungen und mythischen Bezügen, mit denen die Autorin ihre Story - halb Liebes-, halb Familiengeschichte - garniert. Dass der Orkan Katrina dem Ganzen die Krone aufsetzt, geht für Zähringer in Ordnung. Auch die Teenie-Perspektive. Schließlich gelingt es Ward, ganz unteeniehaft zu erzählen. Einen politischen Standpunkt angesichts des geschilderten Sozialdramas bleibt die Autorin dem Rezensenten allerdings schuldig.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2013

"Weitgehend ohne Pathos" erzählt Jesmyn Ward von den zwölf Tagen vor der Hurrikankatastrophe von New Orleans, berichtet Rezensentin Fatma Aydemir. Elend war diese Welt auch schon, bevor der Sturm sie zerstörte, so die Kritikerin weiter: Im Mittelpunkt des Romans steht eine junge, in kargen, unglücklichen Verhältnissen lebende Frau, die die Autorin in "feinsten Metaphern" sprechen lässt und die, wie Aydemir knapp skizziert, in der antiken Erzähltradition einer in einer Männerwelt verratenen Frau steht. Deutlich wird dabei, dass die vor allem von Afroamerikanern bevölkerte Region auch schon vor dem Sturm vom Rest der USA auf Abstand gehalten wurde - ein Aspekt, der in den Diskussionen über die mangelnde Hilfeleistung nach dem Sturm stark akzentuiert wurde. Der Autorin gelingt es damit, die weitreichenden Probleme der einstigen Südstaaten nahezu ohne Pathos auf den Punkt zu bringen, schließt die Kritikerin.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.09.2013

Nicht Faulkner, mit dem sie nicht viel mehr als die Herkunft aus dem Mississippi-Delta gemein hat, sondern etwas ganz eigenes bietet Jesmyn Ward der Rezensentin Lena Bopp. Den zweiten, kurz vor der Katrina-Katastrophe spielenden Roman der Autorin hält sie für literarisch wie politisch relevant, da Ward die desolaten Verhältnisse in einer sozialen Randzone Amerikas schildert, wo es um "Dosenerbsen, trockene Nudeln und gegrillte Eichhörnchen" geht. Dabei sehe Ward davon ab, Themen wie Isolation und Rassismus allzu explizit anzugehen, sondern schildere einfach die Welt ihrer Kindheit, in der kaum Weiße vorkamen. Von Hoffnung erzählt der Text für Bopp durch seine Sprache: metaphernreich, lyrisch, tröstend.
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