John von Düffel

Houwelandt

Roman
Cover: Houwelandt
DuMont Verlag, Köln 2004
ISBN 9783832178826
Gebunden, 316 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Großvater Jorge, ein asketischer Gottsucher, sieht nach einem mit unerbittlichem Stolz gelebten Leben an der Seite seiner Frau Esther seinem achtzigsten Geburtstag entgegen. Den Familiensitz im Norden Deutschlands haben die beiden Houwelandts mit der spanischen Küste vertauscht - denn "was Jorge brauchte, war das Meer". Das Elternhaus aus der Vorgründerzeit verwaltet der 'Erstgeborene', sein Sohn Thomas, der am väterlichen Starrsinn zu zerbrechen droht. Dessen einziger Sohn Christian, 'Erstgeborener des Erstgeborenen', hat den Großvater kaum je kennen gelernt und möchte allen familiären Verlegenheiten, Verlogenheiten und Verstrickungen aus dem Wege gehen. Jorges Frau Esther plant, den großen Geburtstag des Patriarchen in Deutschland zu feiern, um die versprengte Familie noch einmal zusammenzubringen. Je näher das Fest rückt, desto verzweifelter kämpfen die de Houwelandts um die eigene Wahrheit, um Recht und Unrecht in der Vergangenheit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.11.2004

Mit "Houwelandt" bleibt John von Düffel seinem Ruf als "amphibischen Schriftsteller" treu, befindet die Rezensentin Maike Albath, denn auch hier ist das Wasser das vorherrschende, alles bestimmende Element. Überzeugt hat sie von Düffels Familiengeschichte um die Figur des Patriarchen Jorge Houwelandt jedoch nicht. Letzerer, so die Rezensentin, ist für seine Familie "magischer Bezugspunkt" und Vorgabe für alles "Denken, Fühlen, Handeln". Doch sein achtzigster Geburtstag, der als großes Fest geplant ist, gerät zum "Katalysator" einer rebellischen Aufarbeitung, in der alle tiefsitzenden Kränkungen ans Licht gezerrt werden. Das hat durchaus Potenzial, findet die Rezensentin, doch "die Zuspitzung bleibt konventionell, die Tonlage lau, von atmosphärischer Verdichtung keine Spur". Und leider bleibe von Düffel zu sehr der psychoanalytischen Perspektive und ihrem Jargon der "Prägungen" und "Traumatisierungen" verpflichtet. Aufgrund einer gewissen Geschwätzigkeit und Effekthascherei, so das Fazit der Rezensentin, erschöpft sich "Houwelandt" in "gekonnter Rhetorik" und "harmloser Instrumentierung", was dem Roman insgesamt die "Aura einer Vorabendserie" verleiht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.11.2004

Mit diesem Generationenroman hat John von Düffel dem "heroischen Typus des Alten" ein Denkmal gesetzt, freut sich Rezensent Christoph Bartmann - genauer gesagt: dem Typus des knorrigen alten Kauzes. Jorge de Houwelandt heißt er in diesem Fall und wie alle Patriarchen von Format muss er sich mit einem nichtsnutzigen Sohn abmühen und seine Hoffnungen auf den Enkel setzen. Bartmann hat nach eigenem Bekunden den Roman "gespannt" und "mit Anteilnahme" gelesen, bekundet aber ein gewisses Unbehagen. Besonders stört er sich an Düffels Sprache, der "eine geschmäcklerische Attitüde nicht fremd ist". Aber alles in allem überwiegt das Wohlwollen: Wer eine Familiensaga erzählt, brauche eben einen Helden aus der Vorzeit, einen mythischen Patriarchen, damit uns dessen alltägliche, postheroische Erben umso vertrauter erscheinen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Dass John von Düffels Familienporträt "glänzend geschrieben" sein würde, hat Siljia Ukena schon erwartet. Überrascht hat sie allerdings, welch "freundliche Seiten" Düffel dem Sujet abgewinnen kann. Worum geht’s? Auf einer Geburtstagsfeier des Patrons kommen die einander schon lange entfremdeten Mitglieder der Houwelandt-Familie noch einmal zusammen und streiten sich im Folgenden darum, wer das richtige Leben lebt, wer die Wahrheit für sich beanspruchen kann. Der Erzähler zieht sich im Streit um das Richtige "klug aus der Affäre", indem er fortlaufend die Perspektiven wechselt, bemerkt Ukena. Im Laufe der Auseinandersetzung erkennt die Rezensentin dann, um was es Düffel eigentlich geht: "Um die Frage, ob eine Familie als eigene Größe, als Muster" besteht, unabhängig von der Individualität der einzelnen Mitglieder. Eine Idee, die der in "demonstrativer Familienlosigkeit" aufgewachsenen 68er Generation fremd sein dürfte, stichelt Ukena, eine Idee aber, die Düffels Roman zu seinem "besten" nach "Vom Wasser " macht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 29.09.2004

John van Düffel hat einen generationenübergreifenden Familienroman vorgelegt, der "einen guten Blick" für Spiegelungen, Kontinuitäten, geschlechts- und generationentypische Verhaltensweisen offenbart, lobt Rezensent Roman Luckscheiter. Eine dieser Kontinuitäten heißt Kommunikationslosigkeit, ist dem Rezensenten aufgefallen, denn sowohl zwischen Großvater und Sohn als auch zwischen Sohn und Enkel gibt es eine Verweigerungshaltung, die selbst in der Überzeugung, genau das Gegenteil von dem zu machen, was der jeweilige Vater tat, genau auf das gleiche Verhaltensmuster hinausläuft. Allerdings sei von Düffel der Blick bzw. die Sprache der jüngeren Generation besser gelungen, findet der Rezensent. Das Besondere dieses Romans ist seiner Meinung nach das monologische Nebeneinander der verschiedenen Familienakteure, denn von Düffel habe sich dafür entschieden, erklärt Luckscheiter, jedes Kapitel in der erlebten Rede einer Figur zu verfassen. So erhält der Roman, der nach Luckscheiters Dafürhalten eher eine große Novelle zu nennen wäre, trotzdem epische Breite, findet der Rezensent, der allerdings gelegentlich die literarische Innovationskraft von Düffels vermisst.