Judith Kuckart

Café der Unsichtbaren

Roman
Cover: Café der Unsichtbaren
DuMont Verlag, Köln 2022
ISBN 9783832181567
Gebunden, 208 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Rieke studiert Theologie und bereitet sich bei Sorgentelefon e. V. auf die Gemeindearbeit vor. Wanda sammelt für ein DDR-Museum Gegenstände, die nicht mehr gebraucht werden: "Das Gestern will im Heute nicht aufhören zu sprechen." Für Matthias, der auf dem Bau arbeitet, ist das Dasein an sich eine rätselhafte Aufgabe: Während der Ausbildung bei Sorgentelefon e. V. hat er die schöne Emilia kennengelernt. Die traurige Buchhalterin Marianne, der pensionierte Redakteur Lorentz und die 80-jährige heitere Ich-Erzählerin von Schrey, die nicht weiß, ob sie eine verhinderte Pianistin oder eine verhinderte Terroristin ist, gehören ebenfalls in die Sorgentelefon-Gruppe. Alle sieben - so unterschiedlich ihre Leben verliefen - erfahren, dass Zuhören den Anrufenden in einer schlaflosen Nacht das Gefühl von Ausweglosigkeit nehmen kann - und mit dem Zuhören auch eigene Lebenserfahrungen einen unerwarteten Sinn bekommen. Ein unsichtbares Netz zwischen Rand und Mitte der Gesellschaft entsteht, das Lebensgeschichten aus dem Dunkel des Unerzählten fischt.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 02.06.2022

Rezensent Hubert Winkels fühlt sich mit Judith Kuckarts "Café der Unsichtbaren" zurückversetzt in längst vergangene, analoge Zeiten. Die Choreografin, Regisseurin und Autorin lässt hier die 80-jährige Frau von Schrey während fünf Oster(feier)tagen von ihren sechs TelefonseelsorgerkollegInnen und ihren gemeinsam erlebten Geschehnissen innerhalb dieser Zeitspanne erzählen. Eine antike Lochkamera, ein Nagra-Tonbandgerät und Jesus haben ihren Auftritt, nicht zuletzt überzeugt der Roman durch philosophische Betrachtungen und Humor, meint Winkels. Vor allem aber staunt er, wie Kuckart die Grenzen zwischen Realität und Traum fließen lässt
 und sich dem Metaphysischen öffnet. Ein bisschen wie Botho Strauss, meint er. Und ein Buch über Leiden, das nicht sentimentalisiert, sondern Trost spendet, schließt er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 10.05.2022

Rezensent Rudolf von Bitter bekommt in Judith Kuckarts "Café der Unsichtbaren" einen Einblick in die Leben des Vereins "Sorgentelefon". Die Autorin lässt darin vor allem die alte Frau von Schrey, der Witwe eines erschossenen RAF-Terrorverdächtigen von den Leben und den entstehenden Liebesgeschichten ihrer Mitarbeiter, darunter die kinder- und katzenliebende Emilia, der pensionierte Rundfunkredakteur Dr. Lorentz, die kaufmännische Sachbearbeiterin Marianne, der Hausmeister Matthias und die Theologiestudentin Rieke, die als einzige eine explizite Anbindung zur Kirche hat, erklärt Bitter. Hier liest man dem Rezensenten zufolge nicht nur von schönen und schön erzählten Liebesgeschichten, sondern auch von Vergangenheiten, Chancen und dem Leben. Das ist insgesamt nicht nur absurd, tragikomisch und philosophisch, sondern vor allem ein großer Lesespaß, der Freude macht, schließt Bitter.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 03.03.2022

Rezensentin Ursula März sieht in Judith Kuckarts "Café der Unsichtbaren" Poetik und Realismus vereint. Die 62-jährige Schriftstellerin erzählt in ihrem neuen Roman von den Leben und Sorgen von sieben grundsätzlich verschiedenen ehrenamtlichen SeelsorgetelefonistInnen in Berlin zur Osterzeit, beschrieben aus der Perspektive der 80-jährigen Ich-Erzählerin Frau von Schrey. Die lose miteinander verbundenen Szenen erinnern die Rezensentin an ein Schauspiel und sie kann sich gut vorstellen, eine Realisation des Buches im Theater zu sehen. Und auch, wenn die Figuren sehr skizzenhaft und teilweise zu künstlich wirken, was März zufolge sicherlich an den poetischen Ambitionen der Autorin liegt, hätte die Rezensentin gerne deutlich mehr über die Menschen auf beiden Seiten der Telefonseelsorge erfahren, schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 01.03.2022

Rezensentin Cornelia Geißler befragt Judith Kuckart zu ihrem neuen Roman und stellt fest: Es geht um die Menschen in der Telefonseelsorge, und zwar weniger um die Anrufer und ihre Probleme als um die am anderen Ende, ihre eigenen Sorgen und ihre Motivation, anderen zu helfen. Von der Bankerin über den Lehrer bis zur Rentnerin erschafft die Autorin in ihrem Text "Mischfguren" aus allen gesellschaftlichen Schichten und immer auch mit autobiografischen Zügen, erläutert Geißler. Die Nähe zur Realität ist gewollt und überzeugt, meint die Rezensentin.