Armin Nassehi

Unbehagen

Theorie der überforderten Gesellschaft
Cover: Unbehagen
C.H. Beck Verlag, München 2021
ISBN 9783406774539
Gebunden, 384 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Der Ruf nach mehr Gemeinschaft, Solidarität und Zusammenhalt entspringt unserem sehnlichsten Wunsch, aus einem Guss und womöglich kollektiv handeln zu können. Aber die moderne Gesellschaf t kennt keinen Ort, an dem ihre unterschiedlichen Funktionslogiken nachhaltig aufeinander abgestimmt werden können. In Krisen wird diese systematische Überforderung der Gesellschaft mit sich selbst besonders deutlich. Armin Nassehi zeigt, warum der Versuch einer politischen Bündelung aller Kräfte auf ein gemeinsames Ziel in komplexen Gegenwartsgsellschaften zwangsläufig scheitern muss. Aus dieser notorischen Enttäuschung resultiert ein Unbehagen, das den Blick auf die Gesellschaft von ihrer grundlegenden Selbstüberforderung ablenkt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 19.10.2021

Rezensent Peter Unfried findet großes Interesse an der neuen Gesellschaftstheorie von Armin Nassehi. Der Münchener Soziologe schreibt darin vom "Unbehagen" in der Gesellschaft, das durch die Tatenlosigkeit trotz des Wissens über Probleme wie dem Klimawandel entsteht, erklärt Unfried. Zwar werde der Autor vor allem von "akademischen Classic-Linken" womöglich durch seine Praxisorientierung kritisch gelesen, der Rezensent erkennt in Nassehis Ansatz jedoch Fortschritt im Vergleich zu den üblichen politischen Zeitgeist-Analysen.  Schließliche lerne man auch noch, dass für Koalitionen und die Gesellschaft der Zukunft ein Perspektivenwechsel anstelle der normativen Sicherheit stehen sollte, schließt der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2021

Rezensent Ramy Youssef scheint Spaß dabei zu haben, den Gedankengängen des Soziologen Armin Nassehi zu folgen, wenn der sich mit Luhmann daran macht zu analysieren, welche sozialen Strukturen der Lösung gesamtgesellschaftlicher Krisen im Weg stehen. Dass die moderne Gesellschaft sich nicht auf gemeinsame Ziele konzentrieren kann, wie der Autor feststellt, ist zum Glück kein Argument fürs "Durchregieren", lernt Youssef. Oder doch? Nassehis Vorschlag eines "ergebnisoffenen Austestens" kleinteiliger Lösungen scheint durchaus dem Status quo zu entsprechen, findet der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.10.2021

Ganz klar wird Rezensent Jens Bisky nicht, was Armin Nassehi mit seinem neuen Buch bezweckt. Anders als das Buch "Muster", das 2019 einschlug und sich mit der Digitalisierung befasste, hat "Unbehagen" für ihn ein Formproblem, das es schwierig zu lesen mache. So viel lernt Bisky immerhin, dass laut Nassehi die Gesellschaft selbst die Krise ist und diese Krise zugleich die andere Seite der Chancen, die die Moderne biete. Nassehi teile bloß den "Steuerungspessimimus" Niklas Luhmans: Im Großen kann Gesellschaft nichts verändern, aber vieles im kleinen, auch wenn dabei zwischen verschiedenen Sphären Widersprüche entstehen. Das Buch verspricht keine Therapie für das "Unbehagen", das es diagnostiziert, wenn man Bisky glaubt, aber es taugt als " Schulung in Gegenwartsbeobachtung" für den Rezensenten, der das Misstrauen gegen große Lösungsansätze teilt, wie sie der chinesische Philosoph Zhao Tinyang fordert, mit dem sich Nassehi kritisch auseinandersetzt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 22.09.2021

Sehr instruktiv findet Rezensentin Vera Linß die Analysen des Soziologen Armin Nassehi, der in diesem Buch aufzeigt, warum die Gesellschaft es nicht mehr schafft, Probleme zu lösen. Nassehis Ansicht nach werde irrigerweise immer noch an ein Kollektiv appelliert, wo es darum gehe müsse, die Logiken der verschiedenen "Einheiten des Sozialen" zu erkennen: Wirtschaft, Medien, Recht, Familien etc. Wie diese Logiken dann neu miteinander "verzahnt" werden können, führt der Autor der Rezensentin am Beispiel der Palliativmedizin anschaulich und plausibel vor Augen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.09.2021

Rezensentin Ina Rottscheidt empfiehlt das Buch des Soziologen Armin Nassehi. Das Versagen der Gesellschaft bei kollektiven Herausforderungen und Katastrophen erklärt ihr der Autor mit Blick auf die Pandemie verständlich und überzeugend mit der Unfähigkeit der Menschen, unterschiedliche Interessen, Werte und Erwartungen für ein gemeinsames Ziel zu bündeln. Dass wir nicht kollektiv handeln können, erkennt Rottscheidt mit Ernüchterung, zumal der Autor auch keine einfachen Lösungen parat hat, sondern vor allem die Logik gesellschaftlichen Handelns offenzulegen sucht, wie die Rezensentin weiß. Für Rottscheidt ein kluges Buch mit wertvollen Erkenntnissen für unsere unmittelbare Gegenwart.